DGB
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Niedersachsen schaut nach der Landtagswahl mit hohen Erwartungen auf die künftige Landesregierung. Gemeinsam mit seinen acht Mitgliedsgewerkschaften erwartet der DGB von der neuen Regierung entschlossenes Handeln und hat zentrale Themen benannt, bei denen die neue Landesregierung unmittelbar tätig werden muss.
Dr. Mehrdad Payandeh, Vorsitzender des DGB Niedersachsen, reagiert zunächst auf die Wahlergebnisse: "Wir gratulieren allen demokratischen Parteien zu ihrem Wahlergebnis. Nach den ersten Hochrechnungen hätte Rot-Grün eine Mehrheit. Diese Koalition verspricht einen Kurswechsel. Ein Aufbruch für Niedersachsen ist möglich und nötig. Wir als Gewerkschaften sehen für viele unserer Forderungen nun eine gute Umsetzungschance. Allem voran müssen vor dem Hintergrund der Energiekrise rasch die Entlastungen für die Menschen auf Länderebene umgesetzt werden. Mit einer rot-grünen Landesregierung verbinden Menschen in Niedersachen eine Beschleunigung des sozial-ökologische Umbaus. Dafür muss nun schnell ein Investitionsfonds auf den Weg gebracht werden, um Zukunftsinvestitionen voranzubringen. Gegen steigende Mieten muss endlich eine Landeswohnungsbaugesellschaft gegründet werden. Einer bezahlbaren Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket stünde auch nichts mehr im Weg. Wir als Gewerkschaften freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit und werden die neue Landesregierung für einen Aufbruch für Niedersachsen konstruktiv, aber auch kritisch begleiten."
"Bedauerlich sind zwei Dinge: Die geringere Wahlbeteiligung als noch vor fünf Jahren und die Stärkung der AfD", so Payandeh weiter. "Die AfD hat nach den ersten Hochrechnungen massiv an Stimmen gewonnen. Das ist ein schlechtes Zeichen für unser Land. Damit gewinnen Rechtsextreme an Gewicht im neuen Landtag. Die künftige Regierung muss durch kluge Politik spürbare Verbesserungen für die Menschen erreichen und so deren Vertrauen in die Politik zurückgewinnen. Es darf in unserer Gesellschaft kein Platz sein für rassistische, sexistische und rückwärtsgewandte Politik."
Auf die künftige Landesregierung kommen erhebliche Herausforderungen zu. Der DGB Niedersachsen hat klare Handlungsempfehlungen erarbeitet, um die anstehenden Zukunftsfragen lösen zu können. Nötig ist eine mutige Politik, die die Interessen der Menschen und ihrer Familien in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven eröffnet, die über den Zyklus von Landtagswahlen hinausgehen.
Im Vordergrund steht aus Sicht des DGB Niedersachsen jetzt die rasche Bewältigung der Energiekrise. Hier legt der DGB einen Plan für mehr Entlastungen für die Menschen in Niedersachsen vor: Die neue Landesregierung muss sich mit Nachdruck für einen Energiepreisdeckel einsetzen, der bezahlbare Energie für den Grundbedarf garantiert. Dieser Deckel muss zügig mit konkreten Landesmaßnahmen flankiert werden, um die Menschen gezielt vor existenziellen Sorgen zu schützen. Durch die rasche Einführung von Härtefallfonds müssen Ausfälle bei Miet- oder Energiezahlungen ausgeglichen werden. Zudem muss die neue Landesregierung die Umsetzung eines Nachfolgemodells des 9-Euro-Tickets und die Ausweitung der Entlastungszahlung auch für Versorgungsempfänger*innen forcieren. Diese Maßnahmen helfen auch, die Inflation zu dämpfen.
Neben der Bewältigung der Folgen der Energiekrise drängt jedoch auch die Erneuerung des Landes, um das Bundesland nachhaltiger und krisenfester aufzustellen. Politik muss mehr sein als Krisenmanagement. Eine kluge, aktive und nachhaltige Politik stärkt zudem die Demokratie.
Der DGB fordert die neue Landesregierung auf, folgende Schritte nach der Koalitionsbildung beherzt anzugehen:
Um einen wirkungsvollen Impuls zu setzen, muss die neue Landesregierung zügig die umfassende Tariftreue im Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz einführen und die Kriterien Guter Arbeit in der Wirtschaftsförderung ausweiten. Die Personalausstattung der Gewerbeaufsicht muss schnell verbessert werden, um die gesetzlich vorgeschriebene Kontrollquote von 5 Prozent aller Betriebe zu erreichen.
Niedersachsen braucht eine Transformationsstrategie unter Beteiligung der Sozialpartner mit verbindlichen Maßnahmen, Zeitachsen und einem Monitoring, damit Wertschöpfung, Wohlstand und Arbeitsplätze erhalten bzw. neu geschaffen werden und die Klimaziele erreicht werden. Um die Mobilität nachhaltig zu gestalten, muss die Landesregierung ein Nachfolgeangebot für das 9-Euro-Ticket schaffen und den ÖPNV deutlich ausbauen. Mobilität ist für unsere Gesellschaft von zentraler Bedeutung.
Die neue Landesregierung muss mithilfe eines landeseigenen Investitionsfonds (NFonds) die Zukunftsinvestitionen massiv ausweiten, um ein lebenswertes Niedersachsen auch für die nachfolgende Generationen zu schaffen.
Die Landesregierung muss eine Landeswohnungsbaugesellschaft gründen und 40 000 Wohnungen zu bezahlbaren Mieten anbieten. Die Zahl der Sozialwohnungen muss dauerhaft um mindestens 100 000 ansteigen. Wohnen ist ein Grundrecht und jede*r muss es sich leisten können.
Um gute Bildung für alle zu gewährleisten, muss die Landesregierung ausreichend finanzielle Mittel bereitstellen, um die Arbeitsbedingungen nachhaltig attraktiver zu gestalten und die Bezahlung zu verbessern. So kann die Fachkräfteanzahl erhöht und die Infrastruktur modernisiert werden. Eine umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie ist ebenso nötig, damit niemand verloren geht und genügend Fachkräfte für morgen ausgebildet werden.
Die Landesregierung muss die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung von Landesbeschäftigten und -beamt*innen verbessern – nur so können dringend benötigte Fachkräfte gefunden und gehalten werden. Effiziente und bürgernahe Verwaltungen sind die tragenden Säulen unserer Gesellschaft.
Es braucht eine nachhaltige und strukturelle Gleichstellung von Frauen. Die neue Landesregierung muss den Druck erhöhen, um in frauendominierten Branchen bessere Bezahlung, Anerkennung und Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz (NGG) muss novelliert werden. Die Landesregierung muss die paritätische Mitbestimmung von Frauen in der Politik endlich sicherstellen.
Die Landesregierung muss die Investitionskostenförderung der Krankenhäuser auf mindestens 250 Millionen Euro pro Jahr erhöhen und ausschließlich Einrichtungen berücksichtigen, deren Arbeitsbedingungen mindestens dem branchenüblichen Tarifvertrag entsprechen. Sie muss sich zudem für eine deutlich bessere Personalausstattung im gesamten Bereich der Pflege einsetzen.
Die Landesregierung muss die finanziellen Mittel für die Migrationsberatung erhöhen, um ein breites Angebot für die Integration in Niedersachsen zu sichern. Antidiskriminierungsarbeit muss gestärkt werden, der Zugang von migrantischen Personen zu (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt, Qualifizierung und Ausbildung ausgebaut werden.
Nach wie vor sind viel zu viele Niedersachsen dauerhaft ohne Arbeit. Das Land muss die Berufsausbildung von Erwerbslosen stärker fördern und für Langzeitarbeitslose ein Programm zur Förderung von gemeinnütziger und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung schaffen.
Die objektive und subjektiv empfundene Sicherheit der Bevölkerung hängt ab von sozialer Gerechtigkeit, gesellschaftlicher Integration und einer starken, bürgernahen Polizei. Dafür muss die Landesregierung die Präventionsarbeit im Jugend- und Sozialbereich stärken und den Polizeiberuf durch flexible Arbeitszeitregelungen und angemessene Bezahlung und der Verbesserung der Personaldecke bei Polizei und Justiz attraktiver gestalten.
Im Vorfeld der Landtagswahlen hatte der DGB Niedersachsen ein Forderungspapier mit gewerkschaftlichen Positionen erarbeitet: https://niedersachsen.dgb.de/-/cb9
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