Niedersachsen wird künftig von einer rot-grünen Koalition regiert. Beide Parteien haben sich auf eine Verschärfung der Klimaziele verständigt. Dafür muss es allerdings einen Turbo beim Ausbau der erneuerbaren Energien geben. Für den Erfolg müssen Klimaschutz, industrielle Wertschöpfung und Gute Arbeit ineinandergreifen, meint das #schlaglicht 37/2022.
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Das rot-grüne Bündnis in Niedersachsen steht in den Startlöchern. Wenn die beiden Parteitage dem ausgehandelten Koalitionsvertrag zustimmen, kann die neue Landesregierung in der nächsten Woche offiziell ihre Arbeit aufnehmen. Es gibt viel zu tun. Die Reaktion auf den Klimawandel und die Dekarbonisierung sind die herausragenden Aufgaben der Zeit, so dass die sozial-ökologische Transformation des Bundeslandes keinen Aufschub duldet. Die Wirtschaft muss nachhaltig aufgestellt werden, damit Wertschöpfung, Wohlstand, Beschäftigung und Klimaschutz ineinandergreifen.
Dreh- und Angelpunkt ist die Energiewende: Fossile Brennstoffe sind nicht nur klimaschädlich, sondern auch mit starken Importabhängigkeiten und daraus resultierenden hohen Energiekosten verbunden. Umso ambitionierter sind die verschärften Klimaziele der zukünftigen Koalition. Bis 2030 ist eine Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 75 Prozent im Vergleich zu 1990 vorgesehen, zehn Jahre später soll Niedersachsen bereits klimaneutral sein. Eine Mammutaufgabe.
Damit es nicht nur bei Zielen bleibt, muss es beim Ausbau der erneuerbaren Energien wesentlich schneller vorangehen als in der jüngeren Vergangenheit. Niedersachsen ist weiterhin das Windenergieland Nr. 1, aber der Zubau von neuen Anlagen an Land hat seit 2018 enorm nachgelassen. Als unmittelbare Folge gab es bei der kumulierten Leistung zuletzt nur noch sehr moderate Zuwächse (siehe Grafik). Damit unterscheidet sich das Land zwar immer noch wohltuend von den Ergebnissen von manchem Dampfplauderer aus dem Süden der Republik, für die ökologischen Ziele ist es trotzdem zu wenig. Nun ist der Moment, um den Turbo zu zünden!
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In diesem Sinne ist es zu begrüßen, dass Rot-Grün die Geschwindigkeit der bisher langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren erhöhen und einen Klimavorrang einführen will. Gleiches gilt für die schnelle rechtsverbindliche Ausweisung von 2,2 Prozent der Landesfläche als Windenergiegebiete, wobei diese Vorgabe noch in dieser Legislaturperiode auf 2,5 Prozent angehoben werden soll, falls der Ausbau den Zielen hinterherhinkt. Nun zählt eine rasche Umsetzung der Vereinbarungen – inklusive der Bereitstellung der notwendigen Verteil- und Übertragungsnetze und Speichersysteme.
Ergänzend ist die Photovoltaik (PV) für die Stromverfügbarkeit eine wichtige Säule. Die Koalition hat den hohen Anspruch, jährlich 5 Gigawatt an Leistung zu errichten. Bemerkenswert ist hierbei der Plan, die PV-Produktion in Niedersachsen wieder anzusiedeln. Damit wäre ein wichtiger Beitrag für eine krisenfestere Wertschöpfung im Land geleistet. Grundsätzlich muss es darum gehen, Hersteller und Zulieferer im Bereich der erneuerbaren Energien industriepolitisch zu flankieren. Zuschüsse, mögliche Beteiligungen bei finanziellen Schieflagen und Bürgschaften sind wichtige Instrumente in diesem Prozess. Tarifverträge, Mitbestimmung und Beschäftigungssicherung sind hierbei essenzielle Voraussetzungen.
Niedersachsen hat beste Voraussetzungen, um zum Musterland der Energiewende zu werden. Sie schont das Klima, sorgt sowohl bei den Privathaushalten als auch den Betrieben für dauerhaft bezahlbare Preise und stärkt die wirtschaftlichen Entwicklungschancen. Nun muss Rot-Grün loslegen. Die Zukunft ist erneuerbar!