Gute Arbeit gibt es nur mit Tarifverträgen. Tarifbindung wird gestärkt, wenn sie zum Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge wird. Beschäftigte, Betriebe und Staat würden profitieren. Ein entsprechendes Tariftreue- und Vergabegesetz sollte die Landesregierung zügig anpacken, meint das #schlaglicht 02/2023 aus Niedersachsen.
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Wer über Gute Arbeit sprechen und diese fördern will, kommt an Tarifverträgen nicht vorbei. Ganz in diesem Sinne hat sich nun auch Olaf Lies geäußert. Als Niedersachsens Wirtschaftsminister kürzlich im Wirtschaftsausschuss des Landtags zugegen war, hat er einige Pläne der rot-grünen Landesregierung konkreter umrissen. Dazu gehört unter anderem eine Reform der öffentlichen Auftragsvergabe. In Zukunft will das Land bei Ausschreibungen Betriebe bevorzugen, die sich an repräsentative Tarifverträge halten. Für eine entsprechende Änderung des Vergabegesetzes hatte sich der DGB bereits im Vorfeld der niedersächsischen Landtagswahl ausgesprochen.
Jedes Jahr vergeben Bund, Länder und Kommunen öffentliche Aufträge in einem Gesamtvolumen von etwa 450 Mrd. Euro. Mit diesen Mitteln werden Schulen saniert, Krankenhäuser gebaut, Behörden gereinigt oder andere Bau-, Dienst- und Lieferleistungen erbracht. Bisher waren die ausführendenden Betriebe nur dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten den gesetzlichen Mindestlohn oder allgemeinverbindlich erklärte Branchenmindestlöhne zu zahlen.
Die staatliche Vorgabe der Tariftreue wäre dagegen eine echte Win-Win-Win-Situation. Tarifverträge sind das Gütesiegel für gute Arbeitsbedingungen! Mit ihnen verdienen Vollzeitbeschäftigte durchschnittlich über 600 Euro brutto pro Monat mehr (siehe Grafik). Neben einer allgemein höheren Bezahlung gibt es bei tariflichen Arbeitsverhältnissen auch häufiger Sonderzahlungen und eine betriebliche Altersversorgung. Weitere Pluspunkte sind kürzere Arbeitszeiten, mehr Urlaubstage sowie längere Kündigungsfristen.
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Auf der anderen Seite bieten sich auch den Arbeitgebern Vorteile. Neben einem besseren Betriebsklima und einer höheren Attraktivität für Fachkräfte, sichern Tarifverträge allen Betrieben vergleichbare Bedingungen zu, so dass der unternehmerische Wettbewerb in geordneten Bahnen über Produktivität und Innovationen, nicht über Lohndumping, ausgetragen wird. Eine Tariftreueregelung hätte für faire Arbeitgeber, die sich ohnehin an tarifliche Vereinbarungen halten, keine Negativfolgen. Im Gegenteil: Nicht-tarifgebundene Betriebe müssen sich anpassen oder gehen leer aus bei öffentlichen Aufträgen. Wenn Steuergeld fließt, darf es keinen Platz für Billiglöhne geben!
Dritter Profiteuer wäre der Staat selbst. Tarifverträge sorgen mit ihrer besseren Bezahlung auch für steigende Einnahmen. Durch Tarifflucht entstehen in Niedersachsen hingegen Steuerausfälle und Mindereinnahmen bei den Sozialversicherungen in Milliardenhöhe (hier). Dieses Geld wird dringend gebraucht für den sozialen Ausgleich und notwendige Investitionen in die Zukunft.
Kurzum: Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen lohnt sich. Nach der Ankündigung muss die Landesregierung nun schnell den nächsten Schritt gehen und einen Gesetzentwurf vorlegen. Hierbei bieten sich Anleihen beim Saarland an, wo über Rechtsverordnungen ein praktikabler Weg gegangen wird. Hierbei muss der gesamte Tarifvertrag enthalten sein - inklusive Arbeitszeit, Urlaub und Sonderzahlungen. Niedersachsen wäre damit ein gutes Stück weiter, um zum Land der Guten Arbeit zu werden.