Deutscher Gewerkschaftsbund

26.10.2023
#schlaglicht 36/2023

Personalmangel im Gastgewerbe: Gute Arbeit als Gegenrezept

Das Gastgewerbe wird vom Personalmangel geplagt. Aber diesen hat es durch prekäre Arbeitsformen und schlechte Bezahlung in erster Linie selbst verursacht. Will die Branche die Kurve kriegen, muss sie dringend für deutlich höhere Löhne und eine bessere Ausbildungsqualität sorgen, meint das #schlaglicht 36/2023 aus Niedersachsen.

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Icon Gastronomie

DGB/Clker via canva.com

Folgende Situationen gehören inzwischen zu den alltäglichen Erfahrungen: Wer am Sonntagabend ein Restaurant besuchen möchte, steht öfter vor verschlossenen Türen. Wer in einem Café sitzt, muss mit einer eingeschränkten Karte vorliebnehmen. Wer auf Hotelzimmersuche ist, muss bei der Suche mitunter schon etwas Geduld mitbringen. Dies alles sind Symptome eines generellen Problems im Gastgewerbe. Wie die Branche selbst nicht müde wird zu betonen, herrscht bei ihr akuter Personalmangel, als dessen Folge das Serviceangebot in vielen Bereichen deutlich leidet.

Personalabbau während Corona

Wo liegen die genauen Ursachen? Wie eine neue Branchenanalyse der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, hat Corona tiefe Spuren hinterlassen. Auf dem Gipfel der Pandemie verlor das von Schließungen betroffene Gastgewerbe trotz des Einsatzes von Kurzarbeit knapp 330.000 Beschäftigte. Dem Kahlschlag fielen insbesondere Minijobs, Leiharbeitsverhältnisse und Arbeitsplätze junger Menschen unter 25 Jahren zum Opfer. Und auch wenn sich die Lage mittlerweile verbessert hat, beträgt das Delta gegenüber dem Vorkrisenniveau immer noch rund 100.000 Beschäftigte.

Minijobs dominieren das Gastgewerbe

Für diesen frustrierenden Ist-Zustand ist die Branche in erster Linie selbstverantwortlich. Gute Arbeitsbedingungen, die die Attraktivität steigern, sind für viele Betriebe im Gastgewerbe weiterhin böhmische Dörfer. Der jüngste Personalaufbau geht zu 64 Prozent auf Minijobs zurück, die in Niedersachsen mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze ausmachen. Dabei hat gerade diese prekäre Beschäftigungsform mangels sozialer Absicherung dazu geführt, dass viele Beschäftigte während Corona entlassen wurden. Die Anziehungskraft solcher Jobs fällt daher zunehmend begrenzt aus.

Grafik "Niedersächsische Vollzeitbeschäftigte mit Niederiglöhnen"

DGB

Niedriglöhne als Kernproblem

Größtes Problem bleibt im Gastgewerbe der Faktor Bezahlung. Zwar hat die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde einige Fortschritte gebracht. Aber trotzdem arbeiten allein über 50 Prozent der niedersächsischen Vollzeitbeschäftigten in Hotels, Gasthöfen, Pensionen und Gastronomien zu Niedriglöhnen – weit vor dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt (siehe Grafik). Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass nur eine Minorität der Betriebe Tarifverträge anwendet.

Ausbildungsqualität unterdurchschnittlich

Des Weiteren gibt es große Mängel in der Nachwuchsgewinnung. Laut dem aktuellen DGB-Ausbildungsreport landen Berufe aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe bei der Bewertung durch die Auszubildenden mal wieder auf den letzten Plätzen. Ein mieses Image hat wiederum zur Folge, dass die Zahl der Auszubildenden innerhalb von fünfzehn Jahren um zwei Drittel eingebrochen ist.

Mehr Gute Arbeit ist das Gegenrezept

Kurzum: Wenn das Gastgewerbe dem Personalmangel begegnen und Beschäftigte für sich gewinnen möchte, braucht es einen Neustart. Dafür sind vollwertige Arbeitsplätze zu Tarifbedingungen statt Minijobs und eine höhere Ausbildungsqualität zwingende Voraussetzungen. Die Gewerkschaft (NGG) will deutliche Verbesserungen in der Entlohnung und empfiehlt ihren Tarifkommissionen der Branche u.a. einen Einstiegslohn von 15 Euro die Stunde und 3.000 Euro monatlich für Fachkräfte zu fordern. Gut so. Denn schlechte Arbeit lockt niemanden mehr hinter dem Ofen vor.