Bei der ökologischen Modernisierung im Gebäudesektor ist insbesondere das Handwerk gefragt. Um den vorhandenen Bedarf an Fachkräften zu decken, gibt es mittlerweile Formate, die auf Kurzqualifizierungen setzen. Diese Maßnahmen werden den Anforderungen in keiner Weise gerecht. Das #schlaglicht 27/2023 zeigt, was mehr Erfolg verspricht.
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Die ökologische Modernisierung des Gebäudesektors ist zentral für die Energiewende. Allein 2024 sollen deshalb über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fast 19 Mrd. Euro in die Förderung effizienter Gebäude und in die soziale Abfederung im Wärmebereich fließen. Dies ist auch notwendig: Wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer aktuellen Studie darlegt, sind die Investitionen in die energetische Sanierung in den letzten Jahren regelrecht abgerauscht. Es gibt in Zukunft also mehr als genug zu tun.
Hierbei kommt insbesondere dem Handwerk eine Schlüsselposition zu. Ihm obliegt es, Dächer zu dämmen, Wärmepumpen einzubauen, Lüftungssysteme zu installieren und viele weitere Bau- und Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen. Für dieses Programm sind viele Fachkräfte mitsamt ihrer Expertise gefragt. Aber genau hieran hapert es nach Branchenangaben erheblich. Allein der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) geht davon aus, dass im Moment im Heizungssegment rund 60.000 Fachkräfte fehlen.
Um Abhilfe zu schaffen, hat die Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen – unterstützt von der Bundesagentur für Arbeit (BA) – ein neues Projekt ins Leben gerufen. Unter dem Label „Helfende Hände“ sollen ungelernte Arbeitskräfte in sechs Monaten zu Helfer*innen in der Energie- und Gebäudetechnik fortgebildet werden. Darüber hinaus bieten bundesweit sogenannte Solarcamps vermehrt die Möglichkeit an, dass sich Interessierte in zweiwöchigen Crashkursen zu Photovoltaik-Assistenzkräften ausbilden lassen können.
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Beide Maßnahmen haben gemein, dass sie weder eine Lösung für die Deckung des Fachkräftebedarfs noch für die Erfüllung der ökologischen Ziele sind. Um die komplexen Aufgaben der Klimatransformation zu meistern, bedarf es gut ausgebildeter Expert*innen. Schmalspurqualifizierungen, die bloß rudimentäres Wissen vermitteln, werden diesem Anspruch nicht gerecht. Zudem ist vollkommen unklar, woher diese potenziellen Beschäftigten genau herkommen sollen, geschweige denn was mit ihnen geschieht, wenn ihre Kurzqualifikation nicht mehr gefragt ist. Perspektiven und nachhaltige Arbeitsverhältnisse werden so nicht geschaffen.
Erfolgsversprechend sind hingegen andere Wege. Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist das Fundament für ein breites fachliches Rüstzeug. Allerdings bilden immer weniger Betriebe aus, so dass viele junge Menschen unter Ausbildungslosigkeit leiden. Neben mehr Ausbildungsplätzen kommt es auch darauf an, ausgebildete Fachkräfte stetig weiter zu qualifizieren. Gerade im Handwerk ist es mit den Fortbildungen in letzten drei Dekaden rapide nach unten gegangen (siehe Grafik). Eine Trendumkehr ist dringend geboten, um das Know-how der Beschäftigten weiter zu stärken.
Und nicht zuletzt ist es wichtig, die bereits vorhandenen Fachkräfte im Handwerk zu halten und neue Potenziale zu heben. Tarifliche Bezahlung und Arbeitszeiten, die zum Leben passen, sind unverzichtbare Instrumente, um die Branche aufzuwerten. Damit wäre dem Klimaschutz, den Betrieben und den Beschäftigten gleichermaßen geholfen. Die Schmalspur führt dagegen nur ins Abseits.