Eine gezielte Erwerbsmigration kann helfen, Fachkräfteengpässe zu lindern. Es muss aber auch darum gehen, bereits eingewanderte Menschen besser in Arbeit zu integrieren. Das #schlaglicht 24/2023 aus Niedersachsen fordert von der Landesregierung deutliche Verbesserungen bei der Berufsanerkennung und Qualität von Deutsch- und Integrationskursen.
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DGB/creativemahira via canva.com
In der letzten Woche hat der Bundestag ein großes Gesetzespaket geschnürt, in dessen Zentrum die Gewinnung von mehr Fachkräften für den Arbeitsmarkt steht. Neben verbesserten Bedingungen zur Qualifizierung, die die Beschäftigten fit machen sollen für die Transformation, wurde auch die gewerkschaftliche Forderung einer Ausbildungsgarantie beschlossen. Als drittes Element ist ein fortschrittliches Fachkräfteeinwanderungsgesetz enthalten, das vernünftigerweise Hürden abbaut. Nach langen wie lähmenden Debatten bekennt sich die Bundesrepublik nun endlich dazu, ein modernes Einwanderungsland zu sein.
Es ist allgemein anerkannt, dass eine gezielte Erwerbsmigration – unabhängig von der genauen Größenordnung – eine Komponente ist, die dazu beitragen kann, Fachkräfteengpässe zu lindern. Hierzu sind jedoch klare Spielregeln erforderlich, denn viele Betriebe schielen auf potenzielle Beschäftigte aus dem Ausland nur durch ihre Kostenbrille. Die Einwanderung von Fachkräften darf keine Einwanderung in prekäre Arbeit, Ausbeutung und Lohndumping sein. Tarifliche Arbeitsbedingungen als Leitplanken sind unerlässlich für eine erfolgreiche gesellschaftliche Teilhabe.
Vor allem muss es aber darum gehen, die bereits eingewanderten Menschen besser in das Arbeitsleben zu integrieren. Die Arbeitslosenquote von Beschäftigten mit Migrationsgeschichte liegt in Niedersachsen mehr als dreimal so hoch wie in der Gesamtwirtschaft. In der letzten Dekade hat es diesbezüglich keine Verbesserung gegeben (siehe Grafik). Diese Entwicklung ist zum Teil erklärbar durch die Fluchtbewegungen aus Syrien und der Ukraine. Dennoch ist es ein bedenkliches Zeichen, wenn der Fachkräftebedarf überall beklagt wird, aber die Ergebnisse anhaltend schlecht ausfallen.
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Dazu kommt noch: Neben der mangelnden Erwerbsbeteiligung arbeiten Migrant*innen häufig in Jobs mit einem niedrigen Qualifikationsniveau. Fast die Hälfte aller weiblichen Beschäftigten aus dem Ausland üben in Niedersachsen nur Helferinnentätigkeiten aus. Ebenso sind sie im Vergleich zum Durchschnitt im Fachkraft-, Experten- und Spezialistenbereich sehr stark unterrepräsentiert. In abgeschwächter Form lässt sich diese Verteilung auch bei Männern konstatieren.
Diese Probleme sind oft hausgemacht. Neben manchen Sprachhürden sorgen vor allem zähe Anerkennungsverfahren von bereits vorhandenen Qualifikationen dafür, dass es für viele Menschen mit Migrationsgeschichte schwierig und unattraktiv ist, sich diese bestätigen zu lassen oder neue Kompetenzen zu erwerben. So bleiben Potenziale ungenutzt und Partizipationschancen werden verbaut.
Eine gute niedersächsische Integrationspolitik, die Fachkräfte gewinnen will, muss daher eine flächendeckende Finanzierung von Berufsanerkennungsberatungsstellen inklusive der Abschaffung der Gebühren für das Anerkennungsverfahren ebenso sicherstellen wie eine Verbesserung der Qualität von Deutsch- und Integrationskursen. Zusätzlich sind die Finanzmittel im Haushalt in der Migrationsberatung zu erhöhen, um damit ein breites Angebot für die Integration zu sichern. Und etwas mehr Willkommenskultur würde auch nicht schaden.