Das 49-Euro-Ticket für den ÖPNV soll im April 2023 starten. Ein guter Einstieg in die Mobilitätwende, aber für niedrige Einkommen braucht es zusätzlich ein Sozialticket. Und: Für ein flächendeckendes Angebot sind mehr Investitionen in Infrastruktur und Personal unabdingbar, meint das #schlaglicht 41/2022 aus Niedersachsen.
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Das Deutschlandticket für den Nahverkehr ist greifbar. Auf ihrer Verkehrsministerkonferenz haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass das bundesweit für Bus und Bahn geltende 49-Euro-Ticket im April 2023 starten und die Nachfolge des erfolgreichen 9-Euro-Tickets antreten soll. Die finanziellen Fragen müssen dafür endlich vom Tisch. Dann wird es ein Angebot geben, das dem gegenwärtigen Wirrwarr des Tarifdschungels entgegenwirkt. Ein wichtiger Schritt für eine bezahlbare und ökologisch nachhaltige Mobilität.
Fakt ist: Das ÖPNV-Ticket zum Festpreis kann einen signifikanten Beitrag leisten, um die Menschen bei den Verkehrskosten zu entlasten und sie zu einem Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen. Laut dem Vergleichsportal "Testberichte" lässt sich bereits innerhalb von Stadtgrenzen deutlich Geld einsparen (hier). Wer in Braunschweig bisher eine Monatskarte inne hat, würde durch das 49-Euro-Ticket insgesamt 22,80 Euro oder 32 Prozent weniger bezahlen. In der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover beläuft sich der Einsparbetrag auf 21,30 Euro.
Es gibt beim Preis jedoch einen Makel. Für einkommensschwache Haushalte sind 49 Euro immer noch zu viel. Deshalb hatte sich im Vorfeld des Bund-Länder-Treffens ein breites Bündnis aus Gewerkschaften und Verbänden für ein ergänzendes Sozialticket für maximal 29 Euro eingesetzt, um damit für mehr gesellschaftliche Teilhabe durch Mobilität zu sorgen (hier). Diese Gelegenheit haben die politischen Entscheidungsträger*innen verstreichen lassen. Hier besteht Nachholbedarf! In die richtige Fahrtrichtung geht hingegen die in ihrem Koalitionsvertrag gemachte Zusage der rot-grünen Landesregierung, in Niedersachsen ein landesweites Ticket für Azubis, Schüler*innen und Freiwilligendienstleistende für 29 Euro pro Monat einführen zu wollen.
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Allerdings macht ein günstiges Ticket allein noch keinen guten ÖPNV. Das Angebot muss jetzt auch der zu erwartenden Nachfrage folgen. Nach einer aktuellen Umfrage sind 66 Prozent der Menschen in Niedersachsen mit ihrer Anbindung an Bus und Bahn zufrieden. Im Vergleich der Flächenländer reicht dies für einen Mittelfeldplatz (siehe Grafik). Heißt aber im Umkehrschluss: Ein Drittel sieht erhebliches Verbesserungspotenzial. Vor allem im ländlichen Raum mangelt es oft an der Infrastruktur für ausreichend Fahrtverbindungen. Für 85 Prozent der Befragten hat sich die Taktung im ÖPNV in den letzten fünf Jahren nicht verändert oder sogar verschlechtert.
Gebraucht wird deshalb eine echte Angebotsoffensive, um den ÖPNV flächendeckend auszurollen und für alle Menschen nutzbar zu machen. Dazu gehören insbesondere die Modernisierung bestehender Infrastrukturen, der Ausbau des Streckennetzes, Investitionen in moderne Fahrzeuge und die Umsetzung eines stetigen Personalaufbaus – letzteres natürlich inklusive Tarifbedingungen. Alle diese Dinge müssen mit einer entsprechenden Finanzierung in Milliardenhöhe hinterlegt werden. Die so wichtige Frage der Mobilitätswende darf nicht wegen des ständigen Geschachers zwischen dem Bund und den Ländern zum Stehen kommen.
Quintessenz: Das 49-Euro-Ticket ist ein gelungener Einstieg. Es müssen aber weitere Impulse für eine soziale und klimafreundliche Fortbewegung im ÖPNV gesetzt werden. Wer A gesagt hat, muss jetzt auch B sagen!