Deutscher Gewerkschaftsbund

10.02.2023
#schlaglicht 05/2023

Inflation frisst Einkommen: Höhere Löhne beste Soforthilfe

Die Deutsche Post AG hat ein Rekordjahr hinter sich. Nun sind höhere Löhne gefragt. Auch im öffentlichen Dienst, der Bahn und anderen Branchen stehen Tarifverhandlungen an. Angesichts der aktuellen Reallohnverluste sollten die Arbeitgeber keine Lohnzurückhaltung erwarten, meint das #schlaglicht 05/2023 aus Niedersachsen.

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Teaser Münzstapel sinkender Graph

DGB

Zuletzt mal zum Briefkasten gegangen und hineingeschaut? Der Weg könnte umsonst gewesen sein. Mit bundesweiten Arbeitsniederlegungen haben tausende Beschäftigte lautstark demonstriert, dass sie von ihrem Arbeitgeber, der Deutschen Post AG, eine wesentlich bessere Bezahlung erwarten. Der Gelbe Riese hat ein Rekordjahr bei den Erlösen hinter sich und sollte nun ein tragfähiges Angebot vorlegen, sonst sind weitere Ausstände die logische Folge. Hierfür trägt der Konzern die alleinige Verantwortung. Die Kundschaft dankt!

Tarifrunde 2023 im Fokus

Auch in anderen Bereichen haben die Beschäftigten klare Vorstellungen. Im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen laufen schon die nächsten Warnstreiks, um der Forderung nach 10,5 Prozent weiteren Nachdruck zu verleihen. Die Tarifkommissionen der EVG verlangen selbstbewusst mindestens 650 Euro für die Berufe im Bereich von Bus und Bahn. Gleichzeitig machen sich sturmerprobte Rider beim bekannten Essenslieferdienst Lieferando erstmals für einen Tarifvertrag und damit höhere Entgelte stark.

Reallöhne durch Inflation gesunken

Mehr Geld in den Lohntüten ist mehr als angebracht: Nachdem der durch Corona vermehrte Einsatz von Kurzarbeit 2020 nur leichte Einbußen verursachte, hat die Energiekrise mit ihren heftigen Preisanstiegen trotz nominaler Zunahme für deutliche Reallohnverluste bei den Beschäftigten gesorgt (siehe Grafik). Insgesamt ist im letzten Jahr ein Rückgang von 4,1 Prozent zu verzeichnen, wodurch die Einkommensgewinne der Vorjahre verlorengegangen sind. Zu beachten ist allerdings, dass die bereits erzielten Tarifabschlüsse in den Industriebranchen erst 2023 wirksam werden.

Grafik "Entwicklung der Nominal- und Reallohnindizes"

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Höhere Löhne als Entlastungspaket

Falls die Arbeitgeber angesichts dessen allgemeine Lohnzurückhaltung erwarten, sind sie schief gewickelt. Während die Preise für Energie, Lebensmittel, Mobilität und Wohnen weiter auf hohem Niveau liegen, machen viele Betriebe gute Geschäfte. Gerade deshalb sind dauerhafte Lohnzuwächse jetzt gerecht und die beste Soforthilfe, um die Beschäftigten zu entlasten. Hierdurch wäre auch ein wichtiger Beitrag zur konjunkturellen Erholung geleistet. Die privaten Konsumausgaben machen gut die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus.

Ohne gute Bezahlung keine Fachkräfte

Hinzu kommt der Fachkräftebedarf. Vor Kurzem hat der Arbeitsökonom Simon Jäger in einem Interview die simple Tatsache ausgesprochen, dass sich die Betriebe mehr anstrengen müssen, wenn sie genug qualifiziertes Personal gewinnen und an sich binden wollen (hier). Um dementsprechend attraktiv zu sein, führt kein Weg daran vorbei, die Beschäftigten besser zu entlohnen. Manchmal kann die Welt so einfach sein!

Tarifbindung politisch stärken

Fazit: In Sinne der Gerechtigkeit und als nachhaltige Entlastungsmaßnahme sind in den anstehenden Tarifauseinandersetzungen höhere Löhne mehr als verdient. Damit insgesamt wieder mehr Beschäftigte von Tarifverträgen als Garanten guter Bezahlung profitieren, ist zudem eine politische Flankierung gefragt. Öffentliche Aufträge und Fördergelder dürfen im Bund und im Land Niedersachsen nur noch an tarifgebundene Betriebe erteilt werden. Eine Reform der Allgemeinverbindlicherklärung ohne Vetorecht der Arbeitgeber gehört ebenfalls oben auf die Tagesordnung.