Nicht nur die Energie- und Lebensmittelpreise sind stark gestiegen – auch die Mieten in Niedersachsen haben ordentlich zugelegt. Es ist richtig, dass die Landesregierung mit einer Landeswohnbaugesellschaft auf dem Wohnungsmarkt eingreifen will. Für einen raschen Hochlauf empfiehlt das #schlaglicht 17/2023 einen Mix aus Bauen und Kaufen.
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Die Inflation bleibt hartnäckig. Wie das Landesamt für Statistik kürzlich mitteilte, lag die Teuerungsrate in Niedersachsen im April bei 7,5 Prozent, nur unwesentlich niedriger als im Vormonat. Als Haupttreiber, die ein Loch in den Geldbeutel brennen, erwiesen sich erneut die Energie- und Lebensmittelpreise. Es gibt aber noch andere Hiobsbotschaften: Laut Bundesbauministerium hat es im letzten Jahr auch auf dem niedersächsischen Mietmarkt keine Atempause gegeben. Neben den Großstädten haben die Preissprünge jetzt ebenfalls die ländlichen Regionen erreicht. Bitter. Immerhin macht die Miete den weitaus größten Ausgabenposten von Privathaushalten aus.
Entlastung von der Angebotsseite ist nur bedingt zu erwarten. Weil die Materialkosten stark gestiegen sind und die hohen Zinsen die Finanzierung der Baubranche erschweren, ist die Zahl der bundesweiten Baugenehmigungen für Wohnungen im Januar und Februar um fast ein Viertel gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Für das Gesamtjahr wird eine beträchtliche Baulücke prognostiziert, so dass die 400.000-Zielmarke nicht gehalten werden kann. Ganz schlecht für die Mieten!
Zur Wahrheit gehört aber auch: Schon vor der Krise hat die Wohnungswirtschaft bevorzugt im hochpreisigen Segment gebaut und bei den Menschen kräftig zugelangt. Vor allem die durch die Decke gehenden Angebotsmieten haben dafür gesorgt, dass Wohnraum für Beschäftigte mit mittleren Einkommen immer unerschwinglicher wurde. Dazu kommt ein eklatanter Mangel an Sozialwohnungen, über 22.000 sind seit 2018 trotz Zubauten aus der Bindung gefallen (siehe Grafik). Innerhalb von rund zwanzig Jahren hat sich ihr Bestand um 60 Prozent auf nur noch 52.600 reduziert.
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Angesichts dessen ist ein aktiver Staat, der die Menschen mit den Kosten nicht allein lässt, mehr denn je gefragt. Ein höheres Wohngeld mit einem erweiterten Anspruchskreis und Fördergelder sind die eine Seite der Medaille. Nur darf man der Situation nicht ausschließlich hinterher subventionieren. Es braucht auch strukturelle Veränderungen. Es ist daher richtig, dass die rot-grüne Landesregierung 2024 mit einer Landeswohnbaugesellschaft als öffentlichem Gegengewicht auf den Wohnungsmarkt in Niedersachsen zurückkehren will.
Dazu bedarf es einer zweigleisigen Strategie. Die neue Gesellschaft muss selbst als Bauherr tätig werden und sowohl für kleine als auch mittlere Einkommensschichten mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dies würde auch helfen, Bau- und Beschäftigtenkapazitäten in Krisenzeiten zu erhalten. Für einen schnelleren Hochlauf empfehlen sich zweitens Ankäufe von Wohnungen oder beispielsweise nicht mehr genutzten Kirchenimmobilien, um so rasch ein eigenes Angebot aufzubauen.
Mögliche Bedenken wegen der Schuldenbremse sind hierbei verfehlt. Die Landeswohnbaugesellschaft würde über ihre Mieten oder andere Tätigkeiten am Markt entsprechende Einnahmen generieren, mit denen sie zuvor aufgenommene Kredite begleichen könnte. Die Zuständigkeit der fiskalischen Fessel wäre damit nicht mehr gegeben. Nun muss es darum gehen, die Vorbereitungen endlich abzuschließen – für bezahlbare Mieten!