Deutscher Gewerkschaftsbund

19.10.2023
#schlaglicht 35/2023

Tarifrunde der Länder: Nachholbedarf bei den Beschäftigten

Die Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder steht bevor. Angesichts hoher Lebenshaltungskosten fordern die Beschäftigten eine deutliche Steigerung ihrer Entgelte. Dies wäre nicht nur wichtig zur Entlastung, sondern würde auch der Konjunktur und der Attraktivität des öffentlichen Dienstes helfen, meint das #schlaglicht 35/2023 aus Niedersachsen.

 

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DGB/koblizeek via canva.com

Der Countdown läuft: Nachdem im Frühjahr im öffentlichen Dienst für Bund und Gemeinden ein Ergebnis erzielt wurde, findet Ende des Monats der erste Verhandlungstermin der Tarifrunde für die Beschäftigten der Länder statt. Die Gewerkschaften fordern eine Erhöhung der Tabellenentgelte um 10,5 Prozent, mindestens aber um 500 Euro monatlich. Nachwuchskräfte sollen 200 Euro mehr erhalten, Auszubildende unbefristet übernommen, die Arbeitsbedingungen von studentischen Beschäftigten endlich über einen Tarifvertrag geregelt und das Endergebnis auf die Beamt*innen übertragen werden.

Zurückhaltung während Corona

Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) reagierte erwartungsgemäß wenig begeistert und verwies auf enge Haushaltsspielräume. Hier hilft eine Gedächtnisstütze: Während der Corona-Pandemie haben die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes trotz hoher Belastungen mit ihrer Arbeit das Gemeinwesen in allen Bereichen funktionsfähig gehalten. In Anbetracht der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Ausnahmesituation akzeptierten sie in der Tarifrunde 2021 eine Einmalzahlung sowie eine lediglich moderate Lohnsteigerung.

Inflation frisst Einkommen auf

Nun haben sich die Vorzeichen geändert. Seit eineinhalb Jahren erleben die Beschäftigten, dass die stark gestiegenen Preise für Energie, Lebensmittel, Wohnen und Mobilität ihre Einkommen entwerten. Nachdem die Entwicklung der Tariflöhne im öffentlichen Dienst zu den Verbraucherpreisen aufgeschlossen hatte, ist die Schere im Verlauf der Krisenjahre wieder deutlich auseinandergegangen (siehe Grafik). Die Landesbeschäftigten sehen sich hohen Reallohnverlusten und tiefen Löchern in ihren Haushaltskassen ausgesetzt.

Grafik "Entwicklung der Tariflöhne im öffentlichen Dienst"

DGB

Gerechtigkeit und Nachfrage stärken

Angesichts dieser Ausgangslage kann niemand ernsthaft Lohnzurückhaltung erwarten. Es ist sozial gerecht und notwendig, dass die Länder ihr Personal wegen der gestiegenen Kosten besser bezahlen. Dies ist auch aus makroökonomischer Perspektive von Bedeutung. Während der Bundeshaushalt bisher zu wenig Impulse setzt, fällt das allgemeine Konsumklima weiterhin miserabel aus. Eine kräftige Steigerung der Entgelte für die 2,5 Mio. Tarifbeschäftigten und Beamt*innen – etwa 330.000 sind es in Niedersachsen – wäre ein wichtiger Beitrag zur konjunkturellen Stabilisierung.

Länder im Wettbewerb um Fachkräfte

Nicht zuletzt müssen sich die Bundesländer der Tatsache stellen, dass sie im öffentlichen Dienst das Schlusslicht bilden. Bei Kommunen und Bund sieht es mit den Gehältern wesentlich vorteilhafter aus. Ob in Behörden, an Schulen, bei der Justiz, an Unikliniken, bei der Polizei oder auf vielen anderen Gebieten – wollen die Länder als Arbeitgeber attraktiv sein und Fachkräfte an sich binden, werden sie an der Frage guter Arbeitsbedingungen samt einer höheren Bezahlung nicht vorbeikommen.

Jetzt sind die Beschäftigten dran

Die Beschäftigten haben keinen Grund, bei der kommenden Tarifrunde zurückzustecken. Für ihr tägliches Engagement und ihre harte Arbeit verdienen sie jetzt ein entsprechendes Angebot, von dem ein klares Signal der Wertschätzung ausgeht. Ein guter Abschluss würde für soziale Entlastung sorgen, die Nachfrage ankurbeln und damit auch wieder mehr Steuereinnahmen generieren. Es darf daher nicht am falschen Ende gespart werden.