Mal wieder ist Equal Pay Day. In Niedersachsen verdienen Frauen noch immer 18 Prozent weniger als Männer. Damit zur Schließung des Gender Pay Gap nicht noch weitere Jahrzehnte ins Land gehen, ist mehr politische Entschlossenheit nötig. Das #schlaglicht 09/2023 fordert ein verbessertes Entgelttransparenzgesetz und die Aufwertung frauendominierter Berufe.
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Ein kürzlich vom Bundesarbeitsgericht getroffenes Urteil könnte bei so manchem Unternehmen für einen Schreck gesorgt haben. Eine Beschäftigte hatte ihren Arbeitgeber verklagt, weil sie für die gleiche Arbeit weniger Geld erhielt als ihr männlicher Kollege. Der Betrieb hatte diesen Gehaltsunterschied mit ihren schlechten Lohnverhandlungen begründet. Der Richterspruch fiel hingegen eindeutig aus: Diskriminierung. Die aus Dresden stammende Frau erhält nun eine Gehaltsnachzahlung von 14.500 Euro sowie eine Entschädigung. Jeder Cent davon ist vollauf verdient!
Obwohl es sich um einen rechtlichen Meilenstein handelt, zeigt dieser Fall, dass es bis zur Lohngleichheit von Frauen und Männern noch ein weiter Weg ist. Wie im Vorjahr fällt der Equal Pay Day auf den 7. März. Bis zu diesem Datum haben weibliche Beschäftigte statistisch unbezahlt gearbeitet. In Niedersachsen hat sich der Gender Pay Gap in vierzehn Jahren nur von 25 Prozent auf 18 Prozent verringert. Mini-Fortschritte dieser Art sind nicht genug. Für ihre Arbeit erhalten Frauen im Schnitt 4,25 Euro brutto pro Stunde weniger.
Bei den Erklärungsversuchen wird gerne auf strukturelle Unterschiede verwiesen – eine beschönigende Formulierung für handfeste Ungerechtigkeiten. Auf Frauen liegt das Gros der Haus- und Sorgearbeit, 87 Minuten mehr leisten sie täglich im Haushalt. Durch Kinderbetreuung und andere Erwerbsbrüche landen weibliche Beschäftigte häufiger in Teilzeitarbeit oder Minijobs, wodurch die Lohnlücke im Verlauf des Erwerbslebens deutlich ansteigt (siehe Grafik). Dazu fallen ihre Bruttostundenlöhne in nahezu jeder Branche niedriger aus und die gläserne Decke bei Führungs- sowie Leitungspositionen ist weiterhin intakt.
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Die Folgen sind dramatisch: Eine schlechtere Bezahlung sorgt dafür, dass Frauen es in der Gegenwart mit der Existenzsicherung deutlich schwerer haben. Später setzt sich dieser Kurs fort. Da sich in den Löhnen die Altersabsicherung widerspiegelt, ist Altersarmut vor allem ein weibliches Phänomen. Frauen in Niedersachsen bezogen im Jahr 2021 eine durchschnittliche Rente von nur 741 Euro im Monat, während der Zahlbetrag bei Männern um 534 Euro oder 42 Prozent höher ausfiel.
Damit zur Schließung des Gender Pay Gap nicht noch weitere Jahrzehnte verstreichen, ist mehr politischer Nachdruck gefragt. Beim Entgelttrans-parenzgesetz muss dringend nachgebessert werden. Um Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts zu erkennen, bedarf es der verpflichtenden Anwendung zertifizierter Prüfverfahren in Unternehmen. Eine einzuführendes Verbandklagerecht muss sicherstellen, dass die Durchsetzung nicht an den einzelnen Beschäftigten hängenbleibt.
Weitere Maßnahmen für mehr Lohngerechtigkeit sind insbesondere die Aufwertung von frauendominierten Berufen und die erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von Branchentarifverträgen. Ebenso hat der flächendeckende Ausbau der Kinderbetreuung wesentlich mehr Fahrt aufnehmen, wobei allerdings nicht aus dem Blick geraten darf, dass die Haus- und Sorgearbeit in Gänze gerechter verteilt werden muss. Für die gleiche Arbeit verdienen Frauen den gleichen Lohn – ab Tag Nr. 1!