Deutscher Gewerkschaftsbund

31.08.2023
#schlaglicht 28/2023

Schuldenbremse: Ein Scheitern mit Ansage

Die Schuldenbremse ist eine ökonomische Fehlkonstruktion. Mit ihrer Blindheit gegenüber Investitionen wird sie den Anforderungen der Zukunft nicht gerecht. Da eine Abschaffung kaum absehbar ist, muss die Landesregierung über einen Investitionsfonds dafür sorgen, dass in Niedersachsen wieder mehr investiert wird, meint das #schlaglicht 28/2023.

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Teaser Schuldenbremse

DGB/Wena Vega von Scetchify via canva.com

Vor Kurzem hat die Wochenzeitung The Economist in zwei Artikeln die ökonomische Lage in der Bundesrepublik analysiert. Dabei hat sich das renommierte Blatt – linker Tendenzen eher unverdächtig – unter anderen auch mit der Schuldenbremse beschäftigt. Das Urteil fiel deftig aus: Von einem „Fetisch“ und einer „Neigung zur Selbstverletzung“, die eine marode Infrastruktur mit verstopften Straßen, einer unterfinanzierten Bahn und einem geringen Breitbandausbau zu verantworten haben, war die Rede. Ein Weckruf aus dem Ausland, der Konsequenzen nach sich ziehen sollte.

Schuldenbremse wirkt prozyklisch

Denn die Geschichte der Schuldenbremse ist die Geschichte einer ökonomischen Fehlkonstruktion. Solange die Konjunktur läuft, fallen die Probleme zwar geringer aus, weil damit auch die Steuereinnahmen steigen und der Staat seinen finanziellen Aufgaben besser nachkommen kann. Wenn die wirtschaftliche Dynamik jedoch nachlässt und mehr Ausgaben zum Gegensteuern gefragt wären, verbietet der gesetzliche Hemmschuh ausgerechnet diese Gegenreaktion und trägt damit zu einer Vertiefung der Krise bei. Das kleine Einmaleins der Wirtschaftspolitik wird ad absurdum geführt.

Rotstift bei den Investitionen

Und damit nicht genug: Bis heute wirkt sich die Schuldenbremse restriktiv auf die öffentlichen Investitionen aus. Vor allem auf Länderebene, wo die Neuverschuldung vollständig untersagt ist, führt der fiskalische Anpassungsdruck dazu, dass bei den investiven Ausgaben, die einen der variablen Haushaltsposten darstellen, am ehesten der Rotstift angesetzt wird. Nirgendwo wird dies so deutlich wie in Niedersachsen. Um die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen, wurde die niedersächsische Investitionsquote bereits vor ihrem Inkrafttreten 2020 in den Keller geschickt.

 

 

Grafik "Investitionsquoten der Bundesländer im Vergleich"

DGB

Niedersachsen investiert zu wenig

In jüngster Vergangenheit wurde zwar nachgebessert, aber am generellen Dilemma hat sich wenig geändert. Weiterhin investiert Niedersachsen nicht genug und hinkt im Vergleich der Bundesländer deutlich hinterher (siehe Grafik). Dabei ist unbestritten, dass es bei der Transformation, im Bildungswesen und Wohnungsbau sowie bei der Digitalisierung hohe Finanzbedarfe gibt. Zumal auch ein enges Wechselspiel zwischen Staat und Privatwirtschaft besteht. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) generiert 1 Euro öffentlicher Bruttoanlageinvestitionen durchschnittlich 1,5 Euro private Investitionen.

Schuldenbremse ist gescheitert

Gegenüber all diesen Kausalitäten agiert die Schuldenbremse blind. Gerade in der gegenwärtigen Situation verursacht sie eine Stagnation und verhindert zentrale Zukunftsweichenstellungen. Es wäre daher folgerichtig, die Schuldenbremse abzuschaffen oder zumindest um eine goldene Regel, die Investitionen berücksichtigt, zu ergänzen.

Fondslösung als pragmatische Alternative

Da der ideologische Starrsinn einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit aber im Weg steht, müssen andere Wege gegangen werden. Die Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die gewerkschaftliche Idee eines landeseigenen Investitionsfonds (NFonds) verankert, um trotz Schuldenbremse dringend benötigte Investitionen tätigen zu können. Seitdem ist aber wenig geschehen. Rot-Grün muss endlich ins Laufen kommen. Niedersachsen braucht diesen Booster. JETZT!