Deutscher Gewerkschaftsbund

26.05.2023
#schlaglicht 20/2023

Kinderarmut: Jedes fünfte Kind gefährdet!

Wenn Kinder in Armut aufwachsen, ist ihr Leben von Verzicht geprägt und ihnen werden Zukunftschancen geraubt. Dennoch steigt die Zahl der armen Kinder stetig, über ein Fünftel in Niedersachsen ist betroffen. Die Bundesregierung, vor allem die FDP, muss endlich den Weg für die Kindergrundsicherung freigeben, fordert das #schlaglicht 20/2023.

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Teaser

DGB/pixabay via canva.com

Zu Beginn ein kleiner Frage-Antwort-Katalog. Wie hoch ist der Regelsatz im Bürgergeld für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren? 348 Euro. Wie viel sind darin täglich für Essen und Trinken vorgesehen? 4,48 Euro. Wie hoch ist der Monatssatz für Kino, Theater, Sport- und sonstige Freizeitveranstaltungen? 8,89 Euro. Wie viel Geld gibt es monatlich für Kinder- und Jugendbücher? 2,83 Euro. Es ist wenig Fantasie nötig, um zu ermessen, dass Kinder, die in Haushalten mit geringen finanziellen Spielräumen leben, kaum Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe besitzen, geschweige denn ihre Grundbedürfnisse ausreichend abgedeckt sind.

Armut für Kinder folgenreich

Demensprechend weitreichend sind die Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft. Eine Zusammenfassung verschiedener Studien durch die Bertelsmann Stiftung zeigt, dass das Leben von Kindern, die in Armut aufwachsen, von Verzicht geprägt ist. Häufig ist der Wohnraum beengt, es gibt Mängel bei Ernährung und Kleidung, an Ausflüge oder Urlaub sind kaum zu denken. Gleichzeitig sind arme Kinder öfter sozial isoliert, haben geringere Bildungschancen und entwickeln vermehrt physische und psychische Probleme. Kinderarmut ist ein schwerer Rucksack für das restliche Leben.

Hohes Ausmaß in Niedersachsen

Da schon jeder Einzelfall verhängnisvoll ist, ist es umso erschreckender, dass es sich bei Kinderarmut um kein Nischenphänomen handelt. Wie das Landesamt für Statistik kürzlich mitteilte, gilt mehr als jedes fünfte Kind in Niedersachsen als armutsgefährdet. Besonders stark betroffen sind Paare mit drei und mehr Kindern sowie Haushalte von Alleinerziehenden (siehe Grafik). Armutsgefährdung liegt dann vor, wenn einer Person pro Monat weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung steht. Für einen Alleinerziehendenhaushalt liegt die Schwelle derzeit bei 1.518 Euro.

Grafik "Armutsgefährdung in Niedersachsen nach Merkmalen"

DGB

Ampel-Hickhack um Kindergrundsicherung

Statt diesen skandalösen Zustand anzupacken, ergeht sich die Ampel im Bund in Blockadespielchen. Obwohl die Kindergrundsicherung in ihrem Koalitionsvertrag verankert ist, gibt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Sparkommissar und will die nötigen Mittel nicht bereitstellen, sondern lieber Kürzungen im Haushalt vornehmen. Gerade jetzt, in einer Zeit, die vor allem Familien mit kleinem Budget vor große finanzielle Schwierigkeiten stellt, ist das inakzeptabel.

Hilfe für mindestens 294.000 Kinder

Mehr Geld gegen Kinderarmut ist gelebte Generationengerechtigkeit. Bis Ende letzten Jahres lebten in Niedersachsen 197.145 Kinder und Jugendliche in Familien, die Bürgergeld erhielten. 97.500 Kinder und Jugendliche bekamen den Kinderzuschlag, der an geringverdienende Eltern zusätzlich zum Kindergeld ausgezahlt wird. Die Einführung der Kindergrundsicherung mit höheren Leistungen würde damit die Entwicklungs- und Zukunftschancen von mindestens 294.000 Kindern spürbar verbessern.

Mit guten Löhnen gegen Kinderarmut

Aber klar ist auch: Kinderarmut leitet sich vom Elternhaus ab. Gute Verdienste durch mehr Tarifverträge, die Abschaffung prekärer Minijobs und ein angesichts der hohen Inflation kräftiger Ausgleich beim Mindestlohn 2024 sind ebenso wie ein Ausbau der Kinderbetreuung und familienfreundlichere Arbeitszeiten wichtige Bausteine zur nachhaltigen Unterstützung der Kinder. Die Zeit drängt, es muss endlich entschlossen gehandelt werden!