Die steigenden Energiepreise belasten vor allem kleine und mittlere Einkommen. Der Vorschlag eines Tankrabatts als Gegenmittel ist populistisch und geht in die falsche Richtung. Für eine Entlastung der Menschen braucht es einen zielgerichteten Maßnahmenmix. Das #schlaglicht 10/2022 aus Niedersachsen macht konkrete Vorschläge.
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Auch Populismus will gelernt sein. Wie man es nicht macht, hat gerade der wahlkämpfende Ministerpräsident des Saarlandes, Tobias Hans, unter Beweis gestellt. Sich mit einem Smartphone vor einer Tankstelle filmend, prangert er die gestiegenen Literpreise an und mahnt, dass dadurch nicht nur Geringverdienende, sondern die vielen fleißigen Leute belastet werden. Nett, oder? Wenig Fortune hat auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Mit seinem unabgestimmten Vorschlag eines Tankrabatts erntet er in ökonomischen Kreisen überhaupt keine Begeisterung.
Klar ist: Die anhaltend hohe Inflation geht ganz wesentlich auf den Faktor Energie zurück. Mit den Preisen bei Strom, Kraftstoffen, Erdgas und Heizöl ging es in den letzten zwölf Monaten steil nach oben (siehe Grafik). Diese Entwicklung bringt vor allem private Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen in eine finanziell prekäre Lage. Bereits vor den heftigen Preisschüben machten Energie und Verkehr zusammen mit der Miete etwa die Hälfte ihrer Konsumausgaben aus. Eine zielgerichtete Entlastung ist deshalb dringend angesagt!
Erste Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits vor Kurzem eingeleitet. Dazu gehören die vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage, ein erhöhter Arbeitnehmerpauschbetrag sowie ein einmaliger Heizkostenzuschuss für Personen mit Wohngeldbezug. Ausreichen werden diese Schritte zwar nicht, aber eine Spritpreisbremse weist in die falsche Richtung. Von ihr würden vorwiegend Besserverdienende profitieren, sie ist umweltpolitisch fragwürdig und ziemlich bürokratisch. Und angesichts bereits wieder fallender Ölpreise käme der Rabatt einer Subvention von Mineralölkonzernen gleich.
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Deutlich sozialer und ökologisch nachhaltiger wäre die Einführung eines Mobilitätsgeldes. Dieses Modell hätte den Vorteil, dass es unabhängig von Einkommen und Verkehrsmittel gewährt wird und gerade Beschäftigte mit geringen und durch-schnittlichen Verdiensten entlastet. Um parallel auch den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu gestalten, sollten in Niedersachsen zügig landesweit geltende 1- und 2-Euro-Tickets auf den Weg gebracht werden.
Die Debatte darf aber nicht nur auf den Verkehrssektor beschränkt bleiben. Für eine breite Mehrheit sind die Heizkosten ein noch drängenderes Problem, bei dem es keine kurzfristigen Alternativen gibt. Dagegen helfen die aktuell nochmal erhöhten Heizkostenzuschüsse nur sehr begrenzt weiter. Für ein umfängliche Entlastung sollte daher die Mehrwertsteuer auf Gas und Strom zeitlich befristet gesenkt werden. Ein weiteres Instrument könnte zudem der vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) vorgeschlagene Gaspreisdeckel sein. In diesem Fall schreibt der Staat den Preis für die ersten 8.000 Kilowattstunden Gas fest und entschädigt die Versorgungsunternehmen für die eigenen Mehrkosten.
Strukturell muss es jedoch darum gehen, das fossile Zeitalter zu beenden. Neben Investitionen in den ÖPNV und die Ladeinfrastruktur, ist der Ausbau von Wind- und Solarkraft mit Hochdruck voranzutreiben. Nur damit lassen sich die Energiepreise dauerhaft dämpfen. Erneuerbar heißt bezahlbar!