Immer mehr Menschen sind offen für einen Mietenstopp. Der Grund: Wegen hoher Mieten bleibt zu wenig vom Einkommen übrig. Darunter leiden besonders Geringverdienende. Es müssen mehr bezahlbare Wohnungen geschaffen, die Einkommen gestärkt und die Mieten eingefroren werden, fordert das #schlaglicht 30/2021 aus Niedersachsen.
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DGB/Kathrin Biegner
Im Gegensatz zu den aktuellen Prognosen für die Bundestagswahl lässt das Ergebnis in seiner Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Laut einer Umfrage des Instituts infratest dimap im Auftrag des Südwestrundfunk (SWR) sind fast drei Viertel der Befragten für die Einführung eines Mietendeckels. Und warum auch nicht? Seit Jahren fressen die immer weiter ansteigenden Mieten große Teile von den Einkommen der Menschen auf. Dieser ungenierte Griff in ihre Taschen muss endlich ein Ende haben. Deshalb Mietenstopp jetzt!
An der Mietenschraube wird inzwischen überall gedreht. Sogar in ländlichen Regionen und kleineren Gemeinden rasen die Preise nach oben. Besonders prekär ist die Lage aber in Großstädten – auch in Niedersachsen: Über die Hälfte aller Mieterhaushalte in Hannover, Oldenburg und Osnabrück müssen mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete hinblättern. In Göttingen, Braunschweig und Wolfsburg sieht es kaum besser aus. In Summe fehlen in diesen sechs Städten 86.000 bezahlbare Wohnungen.
Die finanziellen Lasten in Großstädten hängen jedoch stark vom jeweiligen Budget ab. Geringverdienende – ihnen steht weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung – müssen im Schnitt fast die Hälfte davon für die Miete ausgeben. Bei Personen mit mehr als 140 Prozent des Medianeinkommens ist es nur ein Fünftel (siehe Grafik). Hohe Wohnkosten sind daher auch ein Katalysator für soziale Ungleichheit und Armut. Für bundesweit etwa 2,1 Mio. Menschen bleibt nach Abzug von Miete und Nebenkosten weniger als das Existenzminimum übrig. Betroffen sind vor allem Alleinerziehende und Paare mit Kindern.
DGB/Meise
In dieser Situation wären dringend mehr günstige Wohnangebote gefragt. Doch in Niedersachsen geht es genau in die andere Richtung. Weil die geförderten Neubauten die auslaufenden Mietpreisbindungen nicht ausgleichen, schmilzt die Zahl der Sozialwohnungen dahin wie das Eis in der Sonne. In zwei Dekaden hat sich ihr Bestand von 132.024 auf nur noch 60.265 mehr als halbiert! Auf über 7.000 Wohnungen belief sich der Gesamtverlust allein im vorherigen Jahr.
Umso wichtiger ist, dass nach der Wahl jede neue Bundesregierung schnell gegen den Einkommensfraß der Mieten handelt. Wohnen darf nicht länger zum Luxusgut verkommen. Mit einem sechsjährigen Mietenstopp sind zwar nicht alle Probleme gelöst, aber er gibt den Menschen eine Ruhepause. In der Zwischenzeit müssen die politischen Weichen für mehr bezahlbaren Wohnraum gestellt werden. Erforderlich sind ausreichende Mittel für den sozialen Wohnungsbau, der Kampf gegen Baulandspekulationen sowie die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit. Außerdem haben die Kommunen und das Land Niedersachsen für mehr oder überhaupt Wohnungen im öffentlichen Besitz zu sorgen.
Parallel müssen insbesondere unteren Einkommen gesteigert werden. Dafür ist der gesetzliche Mindestlohn auf mindestens 12 Euro pro Stunde anzuheben und der Gesetzgeber hat seine Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Tarifbindung insgesamt zu stärken. Das wäre echt gerecht!