Deutscher Gewerkschaftsbund

26.11.2020
#schlaglicht 43/2020

Corona reißt die sozialen Gräben weiter auf!

Die Corona-Krise ist eine soziale Herausforderung. Finanzhilfen federn einige Härten ab, aber Menschen mit geringen Einkommen profitieren kaum davon. So wird die soziale Spaltung im Land weiter verschärft. Das #schlaglicht 43/2020 aus Niedersachsen fordert deshalb eine mutige Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die die strukturellen Probleme angeht.

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Grafik: Zerissene Silhouette einer Gruppe von Menschen

WSI Herbstforum 2011

Wenn das Weihnachtsfest vor der Tür steht, neigt sich das Jahr seinem Ende entgegen. Es stand ganz im Zeichen von Corona. Seit über zehn Monaten ist die Pandemie im Leben der Menschen die bestimmende Konstante. Als alles seinen Anfang nahm, wurden manche Stimmen laut, die der Pandemie einen egalisierenden Effekt zusprachen. Schließlich macht das Virus vor niemandem Halt und alle sind deshalb auch gleichermaßen vor Schwierigkeiten gestellt. Ist Corona also der große Gleichmacher? Mitnichten!

Finanzhilfen federn soziale Schieflage nur unzureichend ab

Natürlich hat sich die Politik mit massiver Finanzkraft gegen den ökonomischen Absturz gestemmt und die sozialen Härten abgefedert. Durch Kurzarbeitergeld und Wirtschaftshilfen wurden viele Arbeitsplätze und Unternehmen gerettet. Und trotzdem gibt es eine enorme Schieflage – gerade bei den Einkommen: Jene, die schon vor der Krise mit einem schmalen Budget über die Runden kommen mussten, ziehen nun erneut den Kürzeren. Der Student, der seinen Minijob verloren hat und nun die Miete nicht mehr bezahlen kann. Die Bühnenkünstlerin, der ohne Auftritte ihre Lebensgrundlage entzogen ist. Die Beschäftigten in der Gastronomie, die wegen der Betriebsschließungen aus eigener Kraft kaum noch ihren Unterhalt bestreiten können.

Ärmere Menschen trifft die Krise doppelt

Die jüngsten Daten zeigen das ganze Ausmaß: Je kleiner das Einkommen, desto häufiger sind Menschen im Zuge der Pandemie von finanziellen Einbußen betroffen. Jeder zweite Haushalt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 900 Euro hat bis Juni Verluste erlitten. In der Einkommensgruppe zwischen 1.500 und 2.000 Euro netto ist es immer noch weit über ein Drittel. Dagegen hat ab einem Einkommen von über 4.500 Euro lediglich jeder vierte Haushalt Ausfälle zu verzeichnen (siehe Grafik). Dazu sind ärmere Menschen gleich doppelt gestraft: Sie verloren nicht nur öfter an Einkommen. Ihre Einbußen sind auch deutlich höher. Corona reißt die sozialen Gräben weiter auf!

Grafik "Haushalte mit Einbußen durch Corona nach Nettomonatseinkommen"

DGB

Zu den Betroffenen gehören insbesondere Beschäftigte, die in prekären Arbeitsverhältnissen tätig sind. Darunter fallen vor allem die Leiharbeit und Minijobs. Dazu kommen auch Freiberufler, Soloselbstständige und der gesamte Bereich des Gastgewerbes. Überraschend ist der Befund aber nur bedingt: Diese Menschen befinden sich oft an den Rändern des Arbeitsmarktes. Dort gibt es nur einen unzureichenden Schutz durch die Sozialversicherungen oder Tarifverträge. Eine effektive Absicherung vor drastischen Einkommenseinbußen ist deshalb kaum möglich.

Gesellschaftlichen Frieden durch gute Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sichern

Fakt ist: Die Schere zwischen den Einkommen hat sich durch die Corona-Krise weiter geöffnet. Das führt nicht nur zu individueller Not. Es gefährdet auch den gesellschaftlichen Frieden. Die Antwort darauf kann nur eine Sternstunde der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sein. Das beinhaltet sowohl verbesserte Sozialleistungen als auch ausreichende Überbrückungshilfen. Der Mindestlohn muss dringend auf 12 Euro angehoben werden und für Minijobs hat ab dem ersten Cent die Sozialversicherungspflicht zu gelten. Für dauerhaft höhere Löhne ist die Tarifbindung auch politisch zu stärken. Ansonsten werden die sozialen Folgen im neuen Jahr chronisch!

 

 


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