Der Landesrechnungshof redet fälschlicherweise einer Schuldenkrise das Wort. Er will schnell zur Schuldenbremse zurück und dafür den Rotstift ansetzen. Fatal. Niedersachsen braucht jetzt eine Investitionsoffensive, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Dafür ist der Niedersachsenfonds das Instrument der Wahl, erklärt das #schlaglicht 21/2021.
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Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht. Aber von Zeit zu Zeit kommt es doch zu Parallelen. Vor kaum zehn Jahren wurde die von fahrlässigen Zockerbanden verursachte Finanzmarktkrise kurzerhand in eine Staatsschuldenkrise umgedeutet. Die öffentliche Hand, die zuvor noch mit großen Rettungspakten den weltweiten Finanzkollaps abgewendet hatte, stand plötzlich am Pranger. Ein neoliberales Schmierentheater, um einen Austeritätskurs zu fahren!
Das gleiche Unsinn-Konzentrat wird in Niedersachsen nun wieder verbreitet. Aktuell warnt die Präsidentin vom Niedersächsischen Landesrechnungshof (LRH), Sandra von Klaeden, vor einer Ablösung der Corona-Krise durch eine Schuldenkrise. Analog zu Finanzminister Reinhold Hilbers – rein zufällig ihr CDU-Parteikollege – fordert sie einen Kassensturz des Landes und eine strikte Einhaltung der Schuldenbremse. Alle Ausgaben, inklusive Neueinstellungen von Lehr- und Polizeikräften, müssten auf den Prüfstand. Flankiert wird die anmaßende Kürzungswut durch grobe Falschbehauptungen.
Frau von Klaeden sagt: Die Schuldenbremse hat den niedersächsischen Landeshaushalt konsolidiert und für einen Abbau der Altschulden gesorgt. Das stimmt nicht. Fakt ist: Beide Entwicklungen sind durch einen sehr langen Konjunkturaufschwung, die Niedrigzinsphase und das Milliardenbußgeld von Volkswagen ermöglicht worden.
DGB
Frau von Klaeden behauptet: Es gäbe keinen Beweis, dass die Schuldenbremse Investitionen einschränkt. Das ist falsch. Fakt ist: Zurzeit steht die Schuldenbremse überall in der Kritik, weil sie eine öffentliche Investitionskrise verursacht hat. Niedersachsen ist der empirische Beleg. Um die Vorgaben der Schuldenbremse erfüllen zu können, hat das Land seine Investitionsquote auf eine jahrelange Talfahrt geschickt. Unmittelbar vor Corona lagen die Pro-Kopf-Investitionen bei nur 203 Euro. Im Vergleich der westdeutschen Flächenländer lag Niedersachsen damit erneut an letzter Stelle (siehe Grafik). Entsprechend groß sind die Defizite in vielen Bereichen der Infrastruktur. Das ist ökonomischer Raubbau!
Frau von Klaeden meint: Schulden belasten zukünftige Generationen. Das ist eine Fabel. Fakt ist: Auch junge Menschen sind auf ein ausgebautes Gemeinwesen, eine intakte Umwelt und zukunftsfähige Arbeitsplätze angewiesen. Hierfür lohnen sich staatliche Ausgaben. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat gerade festgestellt, dass sich über Kredite finanzierte Investitionen auszahlen. Mit ihnen lassen sich die Herausforderungen bei Klimaschutz, Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung meistern, ohne dass sich die Schuldenquote langfristig erhöht. Und zusätzlich entsteht sogar öffentliches Vermögen.
Daher ist die Instrumentalisierung von Corona durch Frau von Klaeden & Co. völlig unangebracht. Niedersachsen braucht trotz Schuldenbremse Investitionen. Der DGB-Vorschlag eines Niedersachsenfonds (NFonds) ist dafür ein pragmatischer Weg. Wer dagegen ist, sollte Alternativen bieten. Denn wie hat der britische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze erst kürzlich notiert: „Ein Fiskalregelwerk, das Investitionen blockiert, untergräbt seine eigene Tragfähigkeit.“ Wo er recht hat...
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