Die Pflege steht unter Druck. Zu wenig Personal muss immer mehr Aufgaben bewältigen. Trotzdem werden viele für ihre Arbeit zu schlecht bezahlt. Die harte und wichtige Arbeit der Pflegekräfte verdient endlich eine Aufwertung. Die Corona-Prämie in der Altenpflege ist ein gutes Signal, doch nur Tarifverträge und mehr Personal sichern gute Arbeit in der Pflege, findet das #schlaglicht 32/2020.
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Zum Schluss hatten die Beschäftigten das Wort. In einer vom Sozialministerium durchgeführten Befragung haben sich über 70 Prozent der teilnehmenden Pflegekräfte in Niedersachsen gegen den Fortbestand der Pflegekammer ausgesprochen. Die Landesregierung zieht daraus die richtigen Konsequenzen und will nun deren Auflösung möglichst zügig auf den Weg bringen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll schon in Arbeit sein. Durch das demokratische Votum neigt sich der jahrelange Konflikt also seinem Ende entgegen.
Klar ist: Die Pflegekammer war ein Irrweg. Von Beginn besaß sie kein Mandat, um an der Qualität der Arbeitsbedingungen in der Alten- und Gesundheitspflege etwas ändern zu können. Die zentralen Stellschrauben entzogen sich ihrer Zuständigkeit. Nicht ohne Grund sind Zehntausende von Beschäftigten gegen ihre Einrichtung auf die Straßen gegangen. Doch auch wenn die Pflegekammer als zahnloser Tiger das falsche Instrument war, muss es unstrittig zu Verbesserungen kommen. Es ist höchste Zeit, die Pflege aufzuwerten!
Seit Jahren bestimmen Sparkurse die politische Agenda. Investitionen in Infrastruktur und vor allem in Personal wurden sträflich vernachlässigt. Bis heute gibt es keine bedarfsgerechte Personalbemessung. Als Folge waren die Beschäftigten schon vor Corona ständig am Anschlag. Mit der Pandemie wurde ihre ohnehin schon hohe Arbeitsbelastung noch einmal erheblich nach oben geschraubt.
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Angesichts dieser täglichen Strapazen wäre eine gute Bezahlung umso wichtiger. Aber viele Arbeitgeber – allen voran die privaten Anbieter – wollen davon oft nichts wissen und begehen Tarifflucht. Deshalb beziehen viele Pflegekräfte trotz ihrer anspruchsvollen Tätigkeiten nur Niedriglöhne. Für Vollzeitbeschäftigte sind das weniger als 2.267 Euro brutto am Monatsende. In Niedersachsen arbeiten mehr als zwei Drittel der vollzeitbeschäftigten Helfer in der Altenpflege unter dieser Schwelle. Im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege sind es immerhin noch 37,5 Prozent. Und selbst bei Fachkräften fallen die Werte in beiden Gruppen zweistellig aus (siehe Grafik). Hier steht offenkundig nur der Profit im Vordergrund. Die Zeche dafür zahlen die Pflegekräfte!
Diese Situation ist nicht mehr akzeptabel. Für ihre unverzichtbare Arbeit verdienen die Beschäftigten endlich höhere Einkommen. Sie wären nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung, sondern würden die Branche für Fachkräfte auch attraktiver machen. Die Corona-Prämien in der Altenpflege sind ein erster Schritt. Jeden Cent haben die Pflegekräfte verdient. Aber sie sind kein Ersatz für dauerhaft bessere Löhne. Und die gibt es nur mit einer stärkeren Tarifbindung. Arbeitgeber und Politik stehen gleichermaßen in der Pflicht, ihren Beitrag in Form von flächendeckenden allgemeinverbindlichen Tarifverträgen zu leisten.
Ebenso muss die bundeseinheitliche Personalbemessung nun konkrete Gestalt annehmen. Niemandem ist geholfen, wenn die Beschäftigten wegen mentaler und körperlicher Überlastung in die Knie gehen. Das Motto muss lauten: Pflegekammer weg – Gute Arbeit in der Pflege per Aufwertung jetzt!
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