Der Mindestlohn wird 6 Jahre alt. Happy Birthday! Viele profitieren von der Lohnuntergrenze. Doch für ein auskömmliches Leben ist er noch zu niedrig. Deshalb muss der Mindestlohn zügig auf 12 Euro angehoben werden. Zudem braucht es mehr Kontrollen, damit kriminelle Arbeitgeber ihn nicht mehr unterlaufen, fordert das #schlaglicht 46/2020 aus Niedersachsen zum neuen Jahr.
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Es sind nur noch wenige Tage, dann wird wieder Geburtstag gefeiert. Gemeint ist aber nicht nur das Christkind. Zum Neujahr begeht auch der gesetzliche Mindestlohn sein Jubiläum. Seit sechs Jahren ist er dann in Kraft. Happy Birthday! Vor seiner Einführung war die Aufregung indes groß. Im Verbund mit der neoliberalen Ökonomenzunft veranstaltete das Arbeitgeberlager ein wahres Kasperletheater, um vor den ökonomischen Folgen zu warnen. Vom unweigerlichen Verlust hunderttausender Arbeitsplätze war unisono die Rede. Nur weil höhere Löhne drohten, wurden Argumente zugunsten der Ideologie in den Wind geschlagen.
Heute steht fest: Allen Unkenrufen zum Trotz ist der Mindestlohn ein Erfolg! Durch ihn haben sich die Entgelte im Niedriglohnsektor nach jahrelanger Stagnation dynamisch nach oben entwickelt. Insgesamt 4 Millionen Beschäftigte können sich seitdem über höhere Einkommen und mehr soziale Teilhabe freuen. Als unmittelbare Folge erhielt die Binnennachfrage einen ordentlichen Schub, wodurch wiederum das Beschäftigungsniveau auf Rekordwerte kletterte. Die Lohnuntergrenze hat sämtliche Schwarzmaler eines Besseren belehrt!
Gleichwohl fällt das Fazit nicht durchweg positiv aus. Das betrifft vor allem die Höhe des Mindestlohns. Mit demnächst 9,50 Euro pro Stunde ist er noch nicht armutsfest. Um die Existenz zu sichern und vor Armut zu schützen, wären 60 Prozent des mittleren Einkommens notwendig. Das entspricht einem Stundenlohn von ungefähr 12 Euro.
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Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigt die aktuelle Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes. Durch die Ausweitung prekärer Arbeitsverhältnisse und die geringe Tarifbindung im Niedriglohnbereich arbeiteten 2018 bundesweit über ein Viertel der Beschäftigten für weniger als 12 Euro brutto die Stunde. In Niedersachsen sind es sogar fast 30 Prozent! Das ist gleichbedeutend mit der roten Laterne unter allen westdeutschen Bundesländern. Insgesamt trifft es über eine Million Beschäftigte. Nur in Ostdeutschland fällt die Quote noch höher aus (siehe Grafik). Besonders prekär ist die Lage in der Gastronomie. Dort liegen rund vier von fünf Beschäftigten unterhalb der 12-Euro-Schwelle. Ebenfalls hohe Werte jenseits der 60 Prozent lassen sich in der Beherbergung und der Gebäudebetreuung finden.
Für die Betroffenen führt dies dazu, dass sie im Alltag jeden Cent mehrmals umdrehen müssen. Zumal Niedriglöhne nicht nur das Leben im Hier und Jetzt einschränken. Lohnarmut produziert automatisch Altersarmut.
Genau deshalb muss der Gesetzgeber zur Tat schreiten und den Mindestlohn zügig erhöhen. 12 Euro sind das Gebot pro Stunde. Es darf dabei weder Trippelschritte noch Verschiebungen bis zum Sankt-Nimmerleinstag geben. Ebenso müssen die Ausnahmen für Langzeitarbeitslose, Jugendliche und freiwillige Praktika der Vergangenheit angehören. Engmaschige Kontrollen sowie saftige Strafen haben zudem sicherzustellen, dass Arbeitgeber bei Verstößen zur Rechenschaft gezogen werden. Die erste Etappe des Mindestlohns war ein Erfolg. Aber im neuen Jahr müssen weitere Schritte folgen!