Deutscher Gewerkschaftsbund

25.05.2022
#schlaglicht 19/2022

Mobilitätswende: 9-Euro-Ticket darf nur der Anfang sein

Das bundesweit geltende 9-Euro-Ticket ist preiswert und ökologisch sinnvoll. Seine Wirkung wird durch die kurze Dauer aber begrenzt sein. Für eine nachhaltige Mobilitätswende sind deshalb weitere Anstrengungen notwendig. Das #schlaglicht 19/2022 aus Niedersachsen fordert dauerhafte Umwelttickets, Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV und mehr Personal.

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Bahn, Auto, Bus, Fahrrad: Wie sieht der Verkehr der Zukunft aus?

DGB/Berliner Botschaft

Der Start verlief holprig. Kaum war die Idee des flächendeckenden 9-Euro-Tickets für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) geboren und offiziell verkündet, ging es los mit dem politischen Hickhack. Die vielen Verkehrsbünde mit ihren unterschiedlichen Tarifstrukturen und -zonen würden eine einheitliche Lösung massiv erschweren. Die Bundesländer wollten sich wiederum nicht an den entstehenden Kosten beteiligen. Aber mittlerweile sind alle strittigen Punkte ausgeräumt und die Fahrt kann wie geplant ab Juni beginnen.

9-Euro-Tickets: preiswert und ökologisch

Die Nachfrage ist auf jeden Fall riesig. Bei der Deutschen Bahn (DB) fiel das Buchungssystem zum Verkaufsstart zeitweise wegen Überlastung aus, während sich am Kundenzentrum des Verkehrsverbundes GVH der Region Hannover lange Schlangen bildeten. In den letzten Jahren lagen die Preissteigerungen bei Bahnfahrten im Nahverkehr über der allgemeinen Inflation (siehe Grafik). Das 9-Euro-Ticket ist deshalb wichtig für einen attraktiveren ÖPNV. Es setzt einen Anreiz für dessen verstärkte Nutzung und entlastet die Menschen angesichts rasant steigender Kosten. Gleichzeitig wird ein Beitrag für weniger CO2-Emissionen geleistet. Respekt!

Mobilitätswende braucht längeren Atem

Allerdings sind der Reichweite des Konzepts auch Grenzen gesetzt. Die Finanzierung der Bundesregierung läuft nur über eine Dauer von drei Monaten – eine Fortführung ist nicht vorgesehen. Für eine nachhaltige Mobilitätswende ist eine solches Strohfeuer nicht ausreichend. Vor Corona entfielen bundesweit gerade einmal 17 Prozent des motorisierten Personenverkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel. Auch wenn der Andrang auf das Ticket nun groß ist, dürfte der gewünschte Effekt schnell verpuffen, wenn nicht weitere Maßnahmen folgen, um öfter vom Auto auf Bus und Bahn umzusteigen.

Grafik "Preisentwicklung für Tickets im öffentlichen Personennahverkehr"

DGB

Es muss daher die Aufgabe der kommenden Landesregierung in Niedersachsen sein, für ein Anschlussmodell zu sorgen. Konkret sollte allen Menschen ein Jahresticket angeboten werden, mit dem sie den ÖPNV landesweit für höchstens 2 Euro am Tag (ermäßigt 1 Euro) nutzen können. Hiermit wäre nicht nur dem Ziel von mehr klimafreundlicher Mobilität gedient. Niedersächsische Haushalte, die bisher im Schnitt etwa 380 Euro pro Monat für den Verkehr ausgeben, erhielten die Möglichkeit einer direkt spürbaren Entlastung.

Mehr Investitionen in Infrastruktur und Personal

Fest steht aber auch: Die notwendige Mobilitätswende kann nur zu einem wirklichen Erfolg werden, wenn ein modernes und flächendeckendes ÖPNV-Angebot mit verdichteten Takten überall gewährleistet ist. Insbesondere in vielen ländlichen Regionen sind Umwelttickets aufgrund fehlender Infrastruktur bisher kaum eine Option. Um allen Menschen den gleichen Zugang zu ermöglichen, braucht es seitens des Staates unbedingt massive Investitionen in Strecken, Material und Haltestellen. Diese Kapazitätserweiterungen müssen mit erheblich mehr Personal, einer höheren Ausbildungsbereitschaft der Betriebe und tariflichen Arbeitsbedingungen einhergehen.

Mobilität der Zukunft beginnt jetzt

Genau jetzt ist der Zeitpunkt, um die Weichen für die Mobilität der Zukunft zu stellen. Als Grundbedürfnis und Teil der Daseinsfürsorge muss sie sowohl ökologisch als auch sozial ausbalanciert sein. Das 9-Euro-Ticket macht dabei den Anfang. Also ab in den Zug und auf nach Sylt!


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