Niedersachsen soll ein Klimaschutzgesetz bekommen. Das ist gut und richtig. Doch sind konkrete Maßnahmen zur Einsparung von CO2 viel wichtiger. Die gibt es aber nicht zum Nulltarif. Die klimafreundliche Modernisierung unseres Landes braucht einen langfristigen Investitionsplan. Kurzfristig muss das Land mit sinnvollen Maßnahmen starten wie einem landesweiten Azubi-Ticket. Das ist schnell umsetzbar, gut für die jungen Menschen und gut für das Klima, findet das #schlaglicht Nummer 03/2020.
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DGB/Nikolay Litov/123rf.com
Es heißt ja immer: Alle reden nur vom Wetter. Neu ist: Mittlerweile gibt es beunruhigend viele Anlässe dazu. In Hannover wurde die mildeste Januarnacht aller Zeiten gemessen. Sogar im letzten Sommer gab es einige Nächte, die kälter waren. Die Extremwetterereignisse nehmen immer weiter zu und die Menschen wissen auch, warum. Nach dem aktuellen ARD-DeutschlandTrend sagen 27 Prozent, dass der Klima- und Umweltschutz das wichtigste Thema derzeit ist. Vor zwei Jahren waren nur 9 Prozent dieser Meinung.
Diese Woche hat sich der Landtag mit dem Niedersächsischen Klimagesetz beschäftigt. Es ist geplant, den Klimaschutz in der Landesverfassung zu verankern und mit vernünftigen Klimazielen zu unterfüttern. Spätestens im Jahr 2050 sollen die Menschen in Niedersachsen weitestgehend treibhausgasneutral leben. Diese rechtliche Absicherung ist richtig und wichtig. Die Krux ist allerdings: Allein durch ambitionierte Klimaziele ist noch kein Gramm CO2 eingespart worden. Es braucht ein Gesamtpaket für eine umfassende Klimaschutzpolitik. Der Weg in eine CO2-neutrale Zukunft ist alternativlos, muss aber sozial gerecht ausgestaltet sein und darf niemanden zurücklassen.
Klar ist: Zum Nulltarif wird das Ganze nicht zu haben sein. Bis 2030 gibt es in der Bundesrepublik einen gewaltigen Investitionsbedarf von 457 Mrd. Euro. Für den Klimaschutz relevante Bereiche wie die Dekarbonisierung, der öffentliche Personennahverkehr und der Wohnungsbau, schlagen mit 110 Mrd. Euro zu Buche (siehe Grafik). In Niedersachsen fallen ungefähr 10 Prozent dieser Summe an. Aber für eine umfassende klimafreundliche Modernisierung unseres Landes werden noch weitaus größere Ausgaben anfallen. Dafür reichen die derzeitigen Einnahmen des Landes trotz des erwarteten Milliardenüberschusses nicht aus. Denn die sozial-ökologische Transformation ist ein Marathonlauf und bleibt ohne langfristige Finanzierung auf der Strecke!
DGB
Die Landesregierung muss jetzt umdenken. Statt nach Kassenlage zu agieren, sollte sie mit dem aktuellen Überschuss einen öffentlichen Investitions- und Klimafonds auflegen, der wie ein gutes Unternehmen für rentable Investitionen auch Kredite aufnehmen darf. So lässt sich ein langfristig angelegter Investitionsplan entwickeln. Die Bedingungen sind historisch günstig: Staatliche Anleihen sind derzeit mit -0,24 Prozent negativ verzinst. Nimmt der Fonds Kredite für eine Mrd. Euro auf, kann der Staat mehr investieren, Vermögen aufbauen und bekäme noch 2,4 Mio. Euro obendrauf.
Es gibt jedenfalls genug zu tun: Für Mobilität, Infrastruktur, Gebäudebau und -sanierung und Sicherung der industriellen Wertschöpfung sind große finanzielle Anstrengungen notwendig. Starten könnte das Land mit einem sinnvollen Sofortrezept – dem Azubi-Ticket. Mit ihm kann jeder Auszubildende landesweit für einen Euro am Tag mit dem öffentlichen Nahverkehr quer durch Niedersachsen fahren. Das stärkt den umweltfreundlichen Verkehr, erhöht die Attraktivität der beruflichen Bildung und schützt das Klima für künftige Generationen. Das ist finanziell, sozial und ökologisch nachhaltig. Und der Klimaschutz würde endlich Fahrt aufnehmen!
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