Mitbestimmung ist ein Erfolgsgarant. Sie sichert ökonomischen Erfolg, Demokratie im Betrieb und hat sich in Krisensituationen bewährt. Für die Herausforderungen der digitalen und ökologischen Transformation müssen ihre Instrumente weiterentwickelt werden. Das #schlaglicht 06/2021 aus Niedersachsen fordert daher ihre Aufwertung.
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DGB/Simone M. Neumann
Über einen Mangel an Arbeit konnten sich die betrieblichen Interessenvertretungen in den vergangenen zwölf Monaten sicherlich nicht beschweren. Praktisch über Nacht stellte Corona den gewohnten Alltag der Belegschaften auf den Kopf. Zügig mussten neue Konzepte her, um die Menschen am Arbeitsplatz zu schützen. Bei der vormaligen Nische Homeoffice gab es plötzlich einen Massenbedarf. Durch die monatelange Kurzarbeit sahen sich viele Beschäftigte mit hohen Einkommensverlusten konfrontiert. Darauf musste mit praktikablen Lösungen vor Ort reagiert werden.
Heute steht fest: Die Mitbestimmung hat geliefert! Betriebs- und Personalräte sorgten in vielen Betrieben für einen vorbildlichen Gesundheitsschutz sowie die konkrete Ausgestaltung der Arbeit von zu Hause aus. In mitbestimmten Unternehmen erhielten die Beschäftigten wesentlich häufiger eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. Überraschend sind diese Befunde aber keineswegs. Die Mitbestimmung ist ein erprobter Krisenmanager. Schon während der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise konnte sie durch flexible Arbeitszeitmodelle zahlreiche Arbeitsplätze retten.
Die Vorteile der Mitbestimmung reichen allerdings erheblich weiter. Sie ist nämlich ein ökonomischer Erfolgsgarant – für Beschäftigte und Arbeitgeber gleichermaßen. Sobald Unternehmen über Betriebsräte verfügen, fällt deren Produktivität um fast 13 Prozent höher aus. Auch bei den Gewinnen lassen sie die Konkurrenz deutlich hinter sich. Auf der anderen Seite steht für die Beschäftigten ein sattes Lohnplus von über 8 Prozent (siehe Grafik). Das sind starke Argumente für mehr innerbetriebliche Mitsprache. Arbeitgeber, die anders verfahren, schneiden sich damit eigentlich ins eigene Fleisch!
DGB
Auf die Partizipation der Belegschaften wird es zukünftig ganz besonders ankommen. Schließlich stehen mit der digitalen und ökologischen Transformation strukturelle Veränderungen der Arbeitswelt an. Für diese Aufgaben muss die Mitbestimmung daher ausgebaut und ihre Instrumente weiterentwickelt werden. Sie braucht eine Aufwertung.
Um den Wandel sozialverträglich zu gestalten, sind mehr Mitbestimmungsrechte nötig. Dafür könnte zum Beispiel das doppelte Stimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden aufgehoben werden. Damit wäre sichergestellt, dass die Arbeitgeber keine einseitigen Entscheidungen zulasten der Beschäftigten treffen können. Drohende Job-Kahlschläge wie bei Continental wären dann nicht einfach möglich. In der Montanindustrie wird dieses Modell seit siebzig Jahren erfolgreich praktiziert. Warum nicht auch in anderen Branchen?
Parallel benötigen Beschäftigte, die einen Betriebsrat gründen wollen, endlich einen besseren Kündigungsschutz. Wer dieses Recht in Anspruch nimmt, darf keine Angst um seinen Arbeitsplatz haben. Denn demokratische Teilhabe muss auch im Betrieb gelten. Ebenso gebraucht werden digitale Kontaktmöglichkeiten für Betriebs- und Personalräte sowie Zugangsrechte für Gewerkschaften, um die Verbindung zu den Belegschaften auch im Homeoffice aufrechterhalten zu können. Also mehr Mitbestimmung für eine bessere Zukunft!