Mit nur 5 Prozent Investitionsquote war Niedersachsen auch 2020 Schlusslicht in Westdeutschland. Ein breites Bündnis hat deshalb einen gemeinsamen Aufruf für mehr öffentliche Investitionen gestartet. Der Bund der Steuerzahler lehnt diese Forderung glattweg ab. Warum dem so ist, beleuchtet #schlaglicht 08/2021 aus Niedersachsen.
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DGB/BBGK Berliner Botschaft
Wochenrückschau: Letzten Dienstag hat ein Bündnis aus Wissenschaft, Kommunen, Betriebs- und Personalräten, Sozialverbänden und Hochschulen einen gemeinsamen Aufruf für mehr öffentliche Investitionen in Niedersachsen gestartet. Recht so! Denn die Infrastruktur des Landes ist nicht im besten Zustand. Ob Krankenhäuser, Universitäten, Wohnungsbau oder Schulbereich – überall gibt es Nachholbedarf. Nebenbei müssen sowohl die ökologische als auch die digitale Transformation endlich aus den Startlöchern kommen. Mit kreditfinanzierten Investitionen zu Nullzinsen könnten jetzt die Weichen richtig gestellt werden.
Niedersachsen ist Schlusslicht bei Investitionsquote
Aber Niedersachsen wäre nicht Niedersachsen, wenn ein Akteur nicht Einspruch erheben würde: Der Bund der Steuerzahler (BdSt). Der – wohlgemerkt – gemeinnützige Verein war sofort zur Stelle, um vehement zu widersprechen. Dabei ficht es ihn nicht an, dass Niedersachsen mit seiner geringen Investitionsquote im Vergleich der westdeutschen Flächenländer seit Jahren Schlusslicht ist. 2020 gab es mit nur 5 Prozent der Gesamtausgaben diesbezüglich keine Besserung (siehe Grafik). Ein beunruhigender Langzeittrend, der die Zukunftsfähigkeit des Bundeslandes auf Spiel setzt!
DGB
Davon will der Steuerzahlerbund nichts wissen. Obwohl der Investitionsstau in Niedersachsen unbestreitbar ist, macht er gegen den Aufruf mobil. Dafür wird tief in die ideologische Mottenkiste gegriffen. Wahlweise ist von der Belastung nachfolgender Generationen, ausuferndem Konsumausgaben oder finanzpolitischer Unvernunft die Rede.
Steuerzahlerbund vertritt Menschen mit hohen Einkommen
Doch um wen genau handelt es sich bei diesem Gesellen, der sich seit Jahren als selbstloser Schutzengel aller Steuerzahlenden aufspielt? Obwohl sein Name einen anderen Anschein erweckt, ist seine Mitgliedschaft ziemlich exklusiv. Im Bund der Steuerzahler tummeln sich überwiegend mittelständische Unternehmen, Freiberufliche und leitende Angestellte. Vom steuerpflichtigen Durchschnitt ist er meilenweit entfernt. Hohe Einkommen geben bei ihm eindeutig den Ton an.
Seine Positionen nutzen nur einer Minderheit
Diese Zusammensetzung bestimmt die politische Agenda. Der Bund der Steuerzahler betreibt reine Klientelpolitik für Unternehmen und Besserverdienende. Ständig tritt er für eine harte Sparpolitik ein und klagt über die Steuer- und Abgabenlast. Seine Rezepte sind allerdings durchschaubar: Steuern für Unternehmen sollen gesenkt und der Solidaritätszuschlag komplett gestrichen werden. Gleichzeitig wird eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung empfohlen. Das alles nützt nur einer Minderheit.
Statt pauschaler Ablehnung sind konstruktive Vorschläge gefragt
Im diesem Lichte ist auch die Absage gegenüber mehr staatlichen Investitionen zu betrachten. Hiermit zeigt der Bund der Steuerzahler erneut sein wahres Gesicht. Im Gegensatz zu Wohlhabenden ist die breite Mehrheit auf eine intakte öffentliche Infrastruktur angewiesen. Statt also pauschal gegen günstige Kreditaufnahmen zu wettern, sollte der Verein zumindest eigene Alternativen der Finanzierung bieten können. Will er auf satte Steuerhöhungen setzen? Oder schweben ihm ineffiziente Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) vor? Zur Abwechslung einfach mal konstruktiv sein!