Deutscher Gewerkschaftsbund

16.05.2019
#schlaglicht 18/2019

Tariftreue- und Vergabegesetz: Quo vadis, Landtag?

Das Saarland geht mutig voran und will für öffentliche Verträge Tariftreue vorschreiben. Ein neues Gutachten gibt dafür Rechtssicherheit. Niedersachsens Wirtschaftsminister aber plant die Rolle rückwärts und will das Tariftreuegesetz schwächen. Warum das fatal ist, beschreibt #schlaglicht Nummer 18/2019.

Bauarbeiter mit Helm zeigt Faust

DGB/catalin205/123RF.com

Im Saarland hat sich vor Kurzem etwas Erfreuliches ereignet: Die CDU-geführte Koalition geht mutig voran und setzt ein Zeichen für gute Löhne. Wenn Land und Kommunen Aufträge an die Privatwirtschaft vergeben, müssen sich zukünftig alle Unternehmen, ob tarifgebunden oder nicht, an die vor Ort üblichen repräsentativen Tarifverträge halten. Für die Beschäftigten sind das gute Nachrichten. Denn bisher waren bei öffentlichen Vergaben nur die geltenden Mindestlöhne zwingend vorgeschrieben. Aber nun winkt vielen eine tarifliche Bezahlung. Lohndumping wird damit ein Riegel vorgeschoben. Noch in diesem Jahr soll der entsprechende Gesetzentwurf kommen. Ein Novum in Deutschland, Hut ab!

Rechtsgutachten gibt grünes Licht für tarifgebundene Vergabe
Die Grundlage bietet ein eigens für dieses Vorhaben in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, das von der Universität Göttingen erstellt wurde. In ihm wurde intensiv geprüft, ob eine solche Gesetzesinitiative den verfassungs-, vergabe- und europarechtlichen Anforderungen genügt. Jetzt wurde grünes Licht gegeben. Und das Saarland lässt sich diese Chance nicht entgehen, um für bessere Löhne zu sorgen.

Niedersächsisches Wirtschaftsministerium aber schwächt Vergaberecht
Solchen Mut suchen die Beschäftigten bei der niedersächsischen Landesregierung vergeblich. Speziell das Wirtschaftsministerium hat andere Prioritäten. Im Klartext: Eher wird das Bernsteinzimmer gefunden, als dass der Wille erkennbar wird, das Tariftreue- und Vergabegesetz als Instrument gegen Billiglöhne zu nutzen. Stattdessen folgt die Rolle rückwärts: Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, öffentliche Auftraggeber in den Bereichen Wasser, Elektrizität, Gas, Verkehr und Flughäfen aus dem Vergaberecht zu streichen. Gleiches gilt für große Bauvorhaben, wie bei Krankenhäusern, deren Finanzierung zum Teil über Subventionen läuft. Dazu sind abgeschwächte Kontrollen beim Einsatz von Subunternehmern geplant. In Summe werden mal wieder die sozialen und ökologischen Standards geschleift. Die Belange der Beschäftigten fallen hinten runter. Das ist unsozial.

Tarifbindung nach Beschäftigten und Betrieben in Niedersachsen

DGB

Zur Erinnerung: Tarifverträge sind das Fundament unser Wirtschafts- und Sozialordnung. Ihnen verdankt die soziale Marktwirtschaft ihren Erfolg. Doch immer mehr Arbeitgeber wollen davon nichts wissen. Zwar loben sie in Sonntagsreden die Sozialpartnerschaft, doch die Realität sieht oft anders aus: Nur noch ein Drittel aller Betriebe in Niedersachsen sind tarifgebunden. Ein Rückgang von 20 Prozent in den letzten 15 Jahren (siehe Grafik). Der Staat sollte hier ein unmissverständliches Signal setzen und die Auftragsvergabe an Tariflöhne koppeln. Damit würden gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen geschaffen und die Tarifbindung nachhaltig gestärkt. Denn Lohndumper und Schmutzkonkurrenz verdienen keine Steuergelder!

Niedersächsischer Landtag muss Tariftreue für öffentliche Aufträge festschreiben
Klar ist: Der verkorkste Gesetzentwurf der Landesregierung verdient keine Zustimmung. Soll er noch gerettet werden, ist jetzt die Stunde des Parlaments gekommen. Die Abgeordneten müssen dem saarländischen Beispiel folgen und die Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen festschreiben. Die rechtlichen Möglichkeiten geben dies her. Nur so wird gute Arbeit zum Markenzeichen von Niedersachsen!

Die kurze Zusammenfassung des Gutachtens findet sich hier: https://t1p.de/hd6j.

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